Ich versuche mich gerade wieder an meinen alten Arullugeschichten. Geschichten vom Ende der Zeit, eine feine Sache, auch wenn Endzeitgeschichten naturgemäß immer ins Tragische abgleiten. Die meisten der Geschichten, die ihr passendes, natürlich tragisches Ende gefunden haben, sind teilweise schon in ihrer Grundformung an die 20 Jahre alt. Erschreckend, vor allem, wenn ich die anderen betrachte, an denen ich seitdem gebastelt habe, und die ich meist dann abgebrochen habe, wenn sie Kurzgeschichtenumfang überschreiten und zu Novellen und mäandernden Romanen mutieren. Es ist sicherlich mein eigenes Problem, jedem Teil einer Serie, also einer ganzen Welt, den gleichen narrativen Imperativ und Stil zuordnen zu müssen – was als Homage begann, ist zu einer Art spielerischer Neurose geworden. Andererseits sollte man auch nie Äpfel mit Birnen vergleichen, wie meine Uroma immer sagte, und eine Komödie oder ein ausserirdischer Smilie passen einfach nicht in ein Universum, in dem die Welt schrullig und die Sonne altersschwach geworden ist. Vielleicht zerfasere ich mich wieder an Details, die Novellen wären auch ohne diese narrative Neurose leserlich – dem geneigten Leser sind die philosophischen Eiertänze eines Autoren um Stil und Kontext wahrscheinlich ziemlich schnurz, solange es unterhaltsam oder gedankenschwer ist, was dabei heraus kommt. Okay, aber was ist mit dem primären Leser – dem Autoren selbst?
Er setzt sich hin und schreibt sich seine infantile Seelenpein vom Leib, damit er sie nachher nicht mehr mit sich herumtragen muss.
Was soeben geschehen ist.
Eine der Arullugeschichten, mit der ich mich herumplage (Haben Sie Geduld von mir, diese autoreninternen Zwiegespräche dienen vor allem eins, Platz zu machen für interessanteren, und vielleicht sogar lukrativeren Stoff…) drohte bereits zu einer Novelle zu mutieren, bis ich kurzerhand einen Stopp einlegte. Das mache ich immer, wenn ich das Gefühl habe, die Grundidee gibt nicht wirklich soviel her, als dass man sie als Gerüst für einen allzulangen Text nehmen sollte. Die zusätzlichen Seiten, sehr viel actionorientierter, habe ich sorgsam abgespeichert, es wäre ja schade um das zusätzliche Lokalkolorit… Aber man kann mit ein paar neuen Tapeten allein keine alte Wohnung renovieren. Zu gross ist die Divergenz zwischen den Stilen, zu sehr scheint der narrative Kontext aufzubrechen…
Die Urgeschichte, der Rohstoff sozusagen, ist in sich wenigstens stilistisch geschlossen, aber ich glaube, man könnte sie heutzutage niemandem mehr anbieten. Nicht einmal mir selber. Und das liegt vor allem daran, weil der Plot an irgendeinem Ende hängt. Es gibt einige schöne Szenen am Anfang und in der Mitte, wo ein Heer überdimensionierter Maden eine gesamte Stadt überwuchert und alles verschlingt, aber hier die Geschichte enden zu lassen, wäre vielleicht richtig aber unbefriedigend. Wo ist die Tragik, wo das Drama? In der Rohfassung wird die wimmelnde Bedrohung durch eine Art machina ex machina besiegt, allerdings auf eine Weise, die mir heutzutage den Eindruck erweckt, der sogenannte Held hätte dann auch gleich auf den Aus-Schalter drücken können. Was also tun, um ein passenderes, am besten pittoreskeres Ende zu finden? Wie das Unaufhaltsame stoppen?
Für den Unwissenden: Eine machina ex machina ist wie ein deus ex machina, nur ohne Gott. Ein konvenientes Plotelement, das göttergleich aus den Kulissen auftaucht, um alle Probleme zu lösen. Man kennt das ja schon aus der deutschen Geschichte, die „Wunderwaffe“, die plötzlich auftauchen wird und den Lauf des Konfliktes überraschend ändert.