Dienstag, März 27, 2007

Arullu :: In der Tiefe

"Dies war der schwarze Abgrund, auf den die Wissenschaft einer Million Jahre einst die Fundamente der Türme von Polaris gegründet hatte. Dies war die Finsternis, die am Boden der Museumsschächte lag, in denen die gesamte Geschichte der Menschheit gesammelt worden war, ihre Triumphe und Katastrophen, die Siegel der Apokalypse und die Techniken der Ekstase. Die stummen Formen der Gottmaschinen waren in den unsichtbaren Wänden verborgen, die die Leere definierten, ein schwaches Vibrieren, das nur die Empfindsamsten erahnen konnten. Vor dem Weltenbrand, vor den tausend Sintfluten hatte dieser Abgrund bestanden, vor dem Raum, vor der Zeit, wie Menschen sie verstanden. Was hier bestehen konnte, so wurde es Thena bewusst, als sie sich vorsichtig durch die Finsternis tastete, hatte den Bereich des Irdischen verlassen und näherte sich der Welt des Archetypischen."
Xowóstoron

Einer der Absätze, die ich heute an der Arullu-Story "Xowóstoron" geschrieben habe. Ich bin immer noch dabei, diese Geschichte umzuarbeiten, die langsam zu einer Kurznovelle mutiert ist. Das kommt natürlich auch davon, weil so viele gute Ideen & Bilder - unter anderem aus diesem Blog - durch meine wirren Gedanken wandern. Man sieht, es geht voran - aber laaangsaam.

Montag, März 26, 2007

Guten Morgen, Mexé!

Vor einiger Zeit hatte ich als Material für die sogenannten Haimeergeschichten etwas Material über eine Dame namens Huixtocihuatl gesammelt, der älteren Schwester des Regengottes Tlaloc, Göttin des Salzes und des Salzwassers. Nahuatl ist eine faszinierende Sprache... soviele Konsonanten...

Ich starre auf den flimmernden Bildschirm...
Was wollte ich gerade noch machen?
Hinter mir singt mein Sohn vor sich hin, der Stress war wohl zu viel für ihn.
Und derweil ich auf die Zeit warte, schieben meine Finger ohne es mich merken zu lassen die Buchstaben hin und her. Kryptisches Cut and paste... Anagramme aus Arullu...

Ich schiebe die Buchstaben herum - vielleicht ergeben sich ja nette Namen, die man als Hintergrundmaterial in die Story einstreuen kann. HUIXTOCIHUATL... So viele Möglichkeiten, und alles klingt so, als ob es keine irdische Zunge aussprechen kann...

OIHUXIHTUCATL und UIHUTHOXICATL fangen sanft mit einem Vokal an und enden beide auf einem mittelamerikatypischen -ATL. Obwohl die Mittelsilben, XIHTU und THOXI fast attraktiver klingen. CHTAUHLITUOXI und TAXTLIUHUICHO enden auf gefälligen Lauten, nachdem man sich am Anfang des Wortes die Zunge verknotet hat.
CHTHAULI
?
War das nicht dieser bekannte britische Okkultschriftsteller Anfang des letzten Jahrhunderts?

CTHULHUTAIOXI...
CTHULHU TAIOXI?
Heilige Scheisse, jetzt bin ich wach.

Donnerstag, März 22, 2007

NH Online :: Bilder & Zeichen

Auf dem Weblog von 4-tens.de kann man die wundersame Fernwirkung des letzte Woche vorgestellten Lovecraft-Plakates bewundern. Der abgebildete Betrachter auf jeden Fall wirkt, vielleicht auch unter dem Einfluss magyarischen Starkbiers in seiner Hand, auf jeden Fall sehr angeweirdet. Auf 4-tens.de kann man auch das andere sehr gelungene Plakat bestaunen, das ebenfalls für die Veranstaltung entworfen wurde. Einen ehrlichen Heimwerkergruss zurück an die Macher!


Im Zusammenhang mit dem erschröcklichen (erschröcklich schlecht motivierten) Tod von Captain America (der Berichterstatter weinte bereits vor Tagen!) hat Jackpotbaby.de einen alten Artikel von Nemedhouse über "unmögliche Helden" geplündert bzw. zu Recherchezwecken herangezogen. Man sieht, man weiss nie, wozu sowas gut ist, wenn man über vollkommen irrelevante Pop-Trivialitäten schreibt... vielleicht ist es Monate später relevant und hilft jemand anderem über den Vormittag!

Freitag, März 16, 2007

Fungi from Yuggoth :: Booklet


In den Jahren 1929-1930 verfasste H.P.Lovecraft einen Sonnett-Zyklus mit dem eigentümlichen Titel "Fungi from Yuggoth" (Pilze vom Yuggoth), eine kontinuierliche Erzählung in der Ich-Perspektive, in der der Erzähler aus seiner gewohnten Neuengland-Umgebung langsam in die traumartigen, grotesken Welten Yuggoths und der abscheulichen Weltraumwesen Mi-Go entrückt wird.

"Fungi" gehört im deutschsprachigen Raum zu den eher unbekannten Werken Lovecrafts, da die wohlfeilen Verse des Meisters des Unheimlichen nur schwerlich adäquat übersetzt werden können. Man sollte sie auch besser im Original lesen. Nachts... bei Kerzenschein... und einer Flasche Absinth...

Als besonderes Angebot habe ich den gesamten Sonnett-Zyklus in einem ansprechend gesetzten Booklets im Pdf-Format gesammelt, (24 Seiten in englischer Sprache, mit s/w-Grafiken), die ab sofort in der Internet-Community "My-Event-Horizon" als Download zur Verfügung steht.

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Sonntag, März 11, 2007

Schicksal, Kollege

Langsam steigt bei mir mit leichtem Unbehagen die Erkenntnis auf, dass ich den mir selbst gesetzten Abgabetermin der Arullu-Bücher wohl nicht schaffen werde. Zuviele Details wollen bearbeitet werden, und zuviel Zeit wird von dem närrischen Schreiber darauf verwandt, den Hintergrund des Genres und der Stories zu recherchieren. Ha! Und dabei habe ich die Dinger früher an einem Nachmittag in die Seiten gehackt! Da sind die alten Schreibmaschinen den Computern doch überlegen: man darf sich nicht vertippen, und sie können auch nicht ins Internet, um sich an internationalen Datenbanken fett und träge zu saugen. Ausserdem hat mir der Zahnarzt meines Vertrauens am Freitag einen Weisheitszahn gezogen, und langsam fängt das an, weh zu tun.
Also erstmal kein Fortschritt in Arullu, die Sterbende Erde stirbt weiter vor sich hin. Stattdessen türmen sich auf meinem Desktop Dateien und Entwürfe zu so vielsagenden Themen wie "Aztekische Mythologie", "buddhistische Meerjungfrauen", "Die Nacht des Pan" und "Tsathoggua".



Letzte Woche habe ich auch mindestens eine Nacht damit zugebracht, einen filigranen Entwurf für ein Plakat zu komponieren, das vielleicht am 15.3. zum Einsatz kommen wird. Nähere Details folgen, auch diese spätestens am 15. Und wieder laufen Themen aus dem Nichts auf und verknüpfen sich. Man mag gar nicht glauben, was für eine starke Magie die Synchronizität aufbringen kann. Selbst meine eher esoterischen Interessen springen mit auf den Zug. Wer hätte schon gedacht, dass man die Prinzipien postmoderner Sigillenmagie auch auf die Horrorfiguren des frühen 20. Jahrhunderts anwenden kann? (Ich natürlich... das war eine rein rhetorische Frage, aber selbst ich bin immer wieder entzückt wie das eine das andere ergänzen kann...)



Niemand versteht meine Verbitterung wg. des plakativen Todes, den die korrupte Clique von Medienpornokraten im Hause Marvel Captain America haben angedeihen lassen. Sicherlich, a) er ist nicht das erste Kostüm, das umgebracht wird, b) es ist noch nicht mal das erste Mal, dass er umgebracht wird und c) der Tod in Comicuniversen hat einen Ausgang mit Drehtür. Inzwischen ist - vor allem bei Marvel - eigentlich jeder, der schon einmal tot, war, wiederauferstanden, und alle, die leben, waren schon einmal tot. (Dennoch ist das nicht, was man als Marvel Zombies versteht.)
Erwähnte ich schon, dass man mir am Freitag einen Weisheitszahn gezogen hat?
Es ist auch nicht der Tod, der mich verbittert. Es ist die absolute Amoral des Marktes.
Vor ein paar Jahren waren alle heiss auf aufgemotzte Titelbilder, und es gab einen Haufen abgrundtief hässlicher Cover mit Metallfolienaufdruck oder minderwertigen Pseudohologrammen - weil der Markt es hergab. Das serielle Abschlachten von Kostümträgern scheint der neue Werbegag zu sein. Aber, hallo? Die Metallfolien sind längst abgeblättert, die Hologramme verstauben in den Billigboxen der Comicläden.
Und genauso billig ist inzwischen der Tod bei Marvel.



Trug' mich eigentlich mit dem Gedanken, diesen Dienstag wieder einmal beim Shamrock Pub Quiz mitzumachen. Ein kurzer Check auf die Webseite dieses feinen Etablissements zeigte mir jedoch, was oder wer das Thema der legendären Sonderrunde sein wird: Der 14. Dalai Lama, der ozeangleiche Lehrer, Tenzin Gyatso, Träger des Friedensnobelpreises 1989.
Und bei so einem Thema soll ich gegen das Team von tibetica.de antreten? Vergisses.
Lieber gehe ich meine physischen und psychischen Wunden spülen.
Sie wissen schon, mein Weisheitszahn... und Captain America...
Achja, und so ein alter Schreiberling hat auch bald Jubiläum...
Man mag gar nicht glauben, was für eine starke Magie die Synchronizität aufbringen kann...

Unhappy Endings... again

Fortsetzung von Nemed House :: Unhappy Endings

Kann man eine Pointe retten, indem man sie verdoppelt oder verdreifacht? Oder verlangt ein solcher Stoff nicht nach neuen, viel grausameren Lösungen? Keine Ahnung, aber um das Thema einfach einmal abzuschließen und sich produktiveren Sachen zuzuwenden, hier eine der drei Haimeergeschichten, unkommentiert und unkorrigiert. Nicht vergessen: Der narrative Imperativ in Werken des Grauens oder der phantastischen Apokalyptik, wie es die Geschichten von der Sterbenden Erde sind, ist von fast buddhistisch anmutender Konsequenz: Alles ist Leid, und alle sterben.


DIE STADT
Eine Arullu-Geschichte [1985]

Hast Du. Wanderer, vom Schicksale Utors gehört, des Himeliers?
Er wanderte durch die Wüsteneien Musgraws, wo die heißen Winde tanzen, doch er wußte nichts von Birdum, der Stadt der Mumien, inmitten der blutroten Wüste von Zagamalana. Er wußte nichts von der Stadt.
Es war in den kochenden Stunden der Dämmerung, da sein erschöpftes Fiberntier ihn zu jener hohen, sichelförmigen Düne brachte, von der herab er zum ersten Male die verwehten, dunklen Ruinen DER STADT sehen konnte, und er runzelte die Stirne ob ihrer Proportionen.
Doch er war froh, nach jener langen, beschwerlichen Reise wieder der Zivilisation zu begegnen und wußte doch nichts von dieser. So ritt er die Düne herab, in die verwehten Schutthaufen und die abscheulich gewundenen und verbogenen 'Wände aus dunklem Gagate.
Der, dem er begegnete, war Takatlok, der Graue Sammler.
Auf einem Haufen gebleichter Knochen kauerte er, und seine wässrigen, alten Augen studierten gelbe Streifen, beschrieben mit spinnenhaften Glyphen. Seine gichtigen Hände strichen verlangend über sie.
Dann hob er das verfressene Gesicht, und Utor der Himelier bemerkte mit Abscheu, daß Würmer durch das linke Auge krochen, das so starr ihn anblickte. Dennoch (denn er war ein Himelier) grüßte er.
Der Graue Sammler erwiderte stumm den Gruß, und dann sprach er, mit dem grausigen Rascheln des Windes in Mumienbinden.
„Kehr um, Mensch. Dies ist DIE STADT.“ Utor stieg von seinem Fiberntier ab. „So?“ Er band seine Kreatur an einer geborstenen Säule an. „Birdum. Die Verfluchte. DIE STADT.“ Der Graue Sammler keuchte“ und in dem Keuchen lag irgendwie das arge dumpfe Brüten eines Pestwinds. „Ein interessantes Plätzchen“, höhnte Utor der Himelier.
„Ein verfluchter Platz. Es ist besser für Dich zu gehen.“
Utor lachte rauh auf und zog die gezackte Klinge aus seiner Schärpe. „So? Du verheimlichst mir wohl gewiße Schätze hier, was?“
„Seit Äonen gibt es keine Schätze mehr. Grabräuber kamen, wenn die Sonne im Zenit stand, denn des Abends wagten selbst sie es nicht.“ „Geschwätz:“, schrie Utor (denn er war ein Himelier), und schlug dem Grauen Sammler mit einem Hieb den Kopf ab. Dunkles Blut sickerte aus dem ausgetrockneten Körper. Spöttisch lachend hob Utor den Kopf an und legte ihn auf ein Piedestal. Dann verneigte er sich.
„Vielleicht gefällt Dir altem Griesgram ein solcher Sockel?“
Doch in jenem Momente ergab es sich, daß die Sonne endgültig versunken war, und das scheußliche, dunkelrote Dämmer der Wüste Zagamalana kroch heran und hüllte DIE STADT ein. Und Utor drehte sich verwundert um und sah die rote Wüste in roten Flammen stehen. Und da er auf die rote Wüste starrte, da sprach hinter ihm eine Stimme.
„Ich warnte Dich, Du Narr. Nun sollst auch Du verflucht sein.“
Der Himelier wandte sich erschrocken um, und sah die fast fleischlosen Kiefer des eingesunkenen Schädels des Grauen Sammlers zucken. „Xowóstorons Höllen“, hauchte er erschrocken. Seiner klammen Hand entfiel die gezackte blutige Klinge in den düsteren Sand.
„Ich habe Dich gewarnt“, raunte der Schädel. „Dies ist DIE STADT. Seit Äonen gibt es für uns nur je einen Tag, wo wir auf Erden wandeln können. Doch die Nacht gehört uns.“ Utor schrie, als sich aus der Erde vor seinen Füßen zerfressene Hände wühlten und ein gespaltener Schädel folgte. „Heute jedoch soll unsere Stadt um einen Bürger erhöht werden!“, sprach der Schädel, und Utor sank zu Boden, besinnungslos.
So erfasste er nicht mehr, wie sich die Legionen der Mumien aus dem Sand von Birdum wühlten und raschelnd, wispernd, zuckend auf ihn zu-schritten, von der Pest zerfressen. Und so erfaßte er auch nicht mehr, wie sich eine Mumie bückte und dann eine gezackte, blutige Klinge in sein Herz stieß. Denn nun wanderte auch er des Nachts durch DIE STADT.
Zittere, Wanderer, ob seines Schicksals - und meide - die rote Wüste.

Mit diesen aufmunternden Worten kehren wir zum regulären Programm zurück...