Freitag, November 16, 2007

Unter dem Brunnen :: Geschnittene Szene

Beim Schreiben von Texten - gerade in Zeiten des Textverarbeitungsprogrammes - überholt sich der kreative Gedanke manchmal selbst. Fragmente, Formulierungen, ganze Szenen fallen unter den inneren Schneidetisch des Autoren, weil sich der Erzählfluß plötzlich in eine ganz andere Richtung wendet. Folgende Szene habe ich vom Boden aufgehoben, die von "Unter dem Brunnen" liegengeblieben ist. Wie bereits erwähnt basiert der Titel "Unter dem Brunnen" auf T.S.Elliotts "The Waste Land", ein Begriff der unmittelbar aus dem Arthurmythos stammt und auch mit Frazers "Goldenem Zweig" zusammenhängt. Einen Augenblick lang hatte ich die Idee, dass ich diesen Themenkomplex - den des Sakralkönigs, der sein Leben für das Land geben muß - auch behandeln müsste...


Fragment "Der Gütige ist frei..." (August 2007)

Die meisten Menschen verschwenden mehr Zeit damit, Schmerzen zu vermeiden als Freude zu gewinnen.

Wussten Sie, dass im alten Italien, am See von Nemi, ein der Mondgöttin geweihter Hain heiliger Eichen stand, dessen einziger Bewohner ein zottiger ungewaschener Mann war, der den ganze Tag – und sicher auch die Nacht – mit gezogenem Schwert einen einzigen auserwählten Baum bewachte. Dieser Mann war der König des Waldes, ein König und ein Mörder, ein Priester der alten Mysterien – der Mysterien des Mondes, des Schwertes, des Blutes. König des Waldes war er geworden, indem er seinen Vorgänger ermordet hatte – und in angemessener Zeit wurde auch er von demjenigen ermordet werden, der ihm nachfolgen würde. Ich bin fasziniert von solchen Kindergeschichten, Sie nicht? In diesen Märchen und primitiven Bräuchen kann man sehr viel Wahrheit finden, einen profunden Kommentar zum Wesen der Natur oder auch dem herzen der Menschen. Rot sind Sie, rot, wenn sie aus der Brust gerissen dem Mond dargeboten werden. Und grün sind die Bäume, deren Wurzeln sich an diesem Blut satt trinken. Die alten Italiener wussten dies besser als diejenigen, die nun ihre geheiligte Insel bewohnen. Der König des Waldes regierte durch Blut und Mord, und er konnte nur solange König sein, wie er stark war, denn wurde er schwach, würde er unter der Sichel des Prinzen fallen und sein rotes Blut das Grün nähren. Eine simple und einleuchtende Lehre, oder? Dem Wald erging es gut, solange der König des Waldes stark war, und auch er lebte nur solange er stark war wie die Eiche, die er im Namen des Mondes, der jungfräulichen Hure, bewachte.

„Der König, der für sein Königreich geopfert wird – eine romantische Vorstellung, nicht wahr? So sind die unreifen Ideen junger Männer, die glauben dass der Künstler für seine Kunst leiden muss und unter den kalten Füssen seiner Muse seinen letzten Atemzug tun muss, um seinem Werk Relevanz zu verleihen, und Tiefe.“

„Wenn die Natur durch menschliche Gesetze beherrscht oder unterdrückt wird, entsteht als Folge das Wüste Land. Und wer die Natur ablehnt, lehnt damit notwendigerweise auch den Geist ab, weil beide ebenso untrennbar sind wie Licht und Schatten.“

„Ist der König verwundet, wird das Land zur Wüste“, schnarrte Angus. „Er muss erneut vom Blut des Grals trinken, um wieder zu erstarken.“

Und wie verträgt sich das mit Vorstellungen vom König der Furcht, dem Herren dieser Welt? Die Seele der ganzen Welt ist zu einem Wüsten Land geworden.

Soll er denn die Erde nicht berühren und die Sonne nicht mehr sehen?

Wovon soll er trinken, um wieder zu genesen?

Donnerstag, Oktober 04, 2007

Redesign

Nein, Sie täuschen sich nicht...
NEMED HOUSE (Der Blog) hat sein Gesicht vollkommen gewandelt.
Heller, freundlicher, und übersichtlicher, wie ich hoffe. (Manche Texte hier sind schon düster genug.)
Im Zuge des kompletten Redesigns von NEMED HOUSE (Bücher und Mediendesign - früher großspurig als Verlag ausgegeben) habe ich mir erlaubt, auch die Webpräsenzen etwas aufzufrischen. Im Redesign inbegriffen war auch die Entwicklung eines eigenen Schriftzuges, (s. links in der Header-Graphik), den ich in Zukunft verstärkt anstelle des Nemed-Sternchens einsetzen werde.

Details:
Farbschema: NEMED HOUSE (Der Blog) ist nun ausschliesslich in fünf Hausfarben gestaltet, die aus dem früheren Design abgeleitet wurden.
RGB Code
#ffffff (weiss),
#000000 (schwarz),
#999999 (anthrazit),
#d4ffed (hellgrün) und
#7caa97 (dunkelgrün)

Blogs: Neben NEMED HOUSE (Den Blog), in dem wie gewohnt eigentümliches und ungewöhnliches aus dem Privaten Bereich zu lesen sein wird, gibt es jetzt zusätzlich NEMED BOOKS (Den anderen Blog), für News zu veröffentlichten Büchern und anderen Publikationen - der Profiblog, sozusagen. Und weil es so schön ist, habe ich auch gleich noch einen dritten Blog eingerichtet, der ausschließlich für News und Zeug vorgesehen ist, die die hervorragende Hamburger Band KNEECAP betreffen.

Mittwoch, September 12, 2007

Leere Zisternen (2)

1988 war ein gutes Jahr für die Hamburger Fantasy. Jedenfalls südlich der Elbe, wo die Schatten der Schwarzen Berge düster auf die Tannenwälder von Waldfrieden drücken…

Ein stimmungsvoller Anfang, nicht wahr? Tatsächlich ist das einzige, was an Waldfrieden stimmungsvoll oder gruselig ist, die allsonntäglichen Wandergemeinschaften von Greisen, die den benachbarten Heidefriedhof heimsuchen. Dies ist nicht unbedingt der Ort, an dem man Spannung und Action erwartet, nur das langsame Versickern eines Herbstmontages… Phantasie, geschätzter Leser, ist hier ein Gut, um das gekämpft und mit aller Gewalt dem kargen Heideboden abgerungen werden muss.

Kehren wir zurück ins Jahr 1988, ein gutes Jahr, jedenfalls soweit es mein eigenes Schaffen betraf. In diesem Jahr jonglierte ich mit mehr Serien und Charakteren, als es gesund sein konnte, und fand auch nichts dabei, zusätzlich zu einem mythischen Kontinent (Arullu am Ende der Zeit) noch einen anderen Kontinent aus den Urgewässern zu ziehen, auf dem ich mich literarisch austoben konnte – Lemuria, am Anfang der Zeit. (Tatsächlich gab es das alles schon länger, aber darüber wollen wir um einer guten Story wegen einmal hinwegsehen – schnell, lesen Sie weiter!)

Lemuria, Wiege der Menschheit! Lemuria, Reich der Schatten!

Lemuria, Heimat eines Schreibstiles, der noch korrupter war als jede gefälschte Zeile Clark Ashton Smith, mit der ich Arullu unlesbar machte! Die Pein! Der Schmerz!

Es wurde wohl an der Zeit, mal etwas Neues auszuprobieren. 1988 versuchte ich mich also an Abenteuern in Lemuria, die nicht so korrupt zu lesen waren, deren ‚Held’ jedoch ungleich korrupter war als die stattlichen Kreaturen mit wohlgeölten Muskeln, die ich als treuer Conanfan bislang bevorzugt hatte. Titelmelodie! Licht! Auftritt Cataphrax. Cataphrax der Verdammte.

Ein ungeschlachter Riese mit einem rostigen Henkersschwert. Unrasiert und grobschlächtig. Mit Augenklappe. Leider habe ich damals darauf verzichtet, ihm auch einen Papageien auf die Schulter zu setzen. Schön war er nicht, aber effektiv. Wenn Conan der Mann ist, der Gegner nur einmal hat, war Cataphrax der Mann, bei dem jeder tunlichst darauf verzichtete, ihn zum Gegner zu bekommen. Sein Anblick genügte. (Vielleicht auch sein Aroma.) Man könnte also sagen, ein Antiheld – auch wenn dies nur halb richtig war. Und was machte dieser Antiheld in Lemuria, dem Reich der Schatten?

Er bekam es mit jemandem zu tun, der anscheinend am Grunde eines Brunnen lebte…

Sonntag, September 09, 2007

Leere Zisternen (1)

"UNTER DEM BRUNNEN" entstand nicht aus einem Vakuum heraus. Neben den historischen Figuren und Konzepten entstammen auch einige der Grundbilder - innovativ verknüpft mit anderen Konzepten - aus bereits veröffentlichten Quellen. Während die Idee des "Brunnens" selbst tatsächlich irgendwo in meiner eigenen Phantasie anzusiedeln ist, stammt einiges der Verkleidung und Ausschmückung aus einem Gedicht von T.S. Elliott, auf das ich stieß, als ich gerade angefangen hatte, das Originalmanuskript zu schreiben: The Waste Land. Eine bestimmte Zeile im letzten Teil elektrifizierte mich, und ich konnte mich nicht zurückhalten, einige der Bilder aus diesem Abschnitt von The Waste Land auch nach Kingston zu bringen - rund um, und teilweise unter dem Brunnen...
A woman drew her long black hair out tight
And fiddled whisper music on those strings
And bats with baby faces in the violet light
Whistled, and beat their wings
And crawled head downward down a blackened wall
And upside down in air were towers
Tolling reminiscent bells, that kept the hours
And voices singing out of empty cisterns and exhausted wells.
In this decayed hole among the mountains
In the faint moonlight, the grass is singing
Over the tumbled graves, about the chapel
There is the empty chapel, only the wind's home.
It has no windows, and the door swings,
Dry bones can harm no one.
Only a cock stood on the rooftree
Co co rico co co rico
In a flash of lightning. Then a damp gust
Bringing rain
(Vollständiger Text von The Waste Land lizenzfrei bei Wikisource)

Donnerstag, August 30, 2007

Unter dem Brunnen :: Nachwort

Eine autographische Skizze

„Unter dem Brunnen“ ist kein neues Werk, auch wenn ich vor ein paar Tagen erst die letzten Sätze geschrieben habe. Das heißt nicht, dass ich bei diesem Werk nie zum Schluss gekommen bin – ganz im Gegenteil. Der Schluß – das Ende – ist unausweichlich und das war es immer. Nur habe ich diesen Roman inzwischen schon dreimal geschrieben – hoffen wir, dass es nunmehr, nach den Ergänzungen und Kürzungen der letzten Tage, das letzte Mal ist.

Entstanden ist „Unter dem Brunnen“ zum ersten Mal irgendwann Anfang der 90er Jahre des vorhergehenden Jahrhunderts – wahrscheinlich 1992, aber da gehen die Meinungen auseinander. Damals war es noch eine relativ einfach konstruierte Geschichte von einem jungen Schriftsteller, der in einer neuenglischen Kleinstadt auf vormenschliches Erbe trifft. Eine von vielen Hommagen an die Werke von H.P. Lovecraft und Clark Ashton Smith, die ich damals schrieb, angeregt von T.S. Elliotts großartigem Prosagedicht „The Waste Land“ (das Wüste Land), das auch den scheinbar so unspektakulären Titel inspirierte. Der hilflose Held und das ‚transkosmische’ Grauen gehörten damals zu den Themen, die mich interessierten. Unter anderem. Ich hätte natürlich auch eine einfache Hommage an Lovecraft schreiben können, dann wäre dort unter dem Brunnen wahrscheinlich die geheime Kirche von Shub-Niggurath und ihren tausend Jungen aufgetaucht, oder die protoplasmischen Städte der Shoggothen. Stattdessen ließ ich Motive aus einer meiner juvenilen Fantasyserien auftauchen, die wohl mehr als alles andere Fritz Leibers Geschichten um Fafhrd und den Grauen Mausling ihre Existenz verdanken. Cyprian Moncleef traf also damals auf die Überbleibsel des Schwarzen Lemuria (eines Kontinents, den die Wissenschaft schon lange in die Phantastereien der Theosophen verbannt haben). Insgesamt war die Geschichte also etwas einfacher und kam mit weniger Ideen aus. Vielleicht hätte man an diesem Punkt innehalten sollen – die Probleme, die das Verfassen einer solchen Geschichte in der guten, sauberen (!) Pulp-Tradition darstellen, sollten ja eigentlich ausreichend sein.

Stattdessen überkam mich ein paar Jahre später die großartige Vorstellung, dass die Geschichte eigentlich größer sein sollte. Zu dieser Zeit neigte ich auch eher zu so genannten ‚literarischem’ Horror, nicht zu so unschuldigen Vergnügungen wie sabbernden tentakelköpfigen transkosmischen Monstrositäten. Man könnte sagen, dass aus dieser Grundhaltung alle eigentümlichen und sicherlich manchmal auch unangenehmen Elemente der Geschichte entstanden – teilweise schrieb ich auch, um mich selbst zu erschrecken. (Schreiben muss manchmal wehtun, und damit meine ich nicht nur blutende Fingerkuppen!) Es war kein Exorzismus, nicht im eigentlichen Sinne des Wortes – die bösen Geister, die sich in die Geschichte einschlichen – der erste Weltkrieg, Louie Bancroft, die Bruderschaft und natürlich auch Cyprian Moncleefs psychosexuelle Abnormalitäten – wurden nicht ausgetrieben (ich selbst habe solche Neigungen nur in zu vernachlässigendem Masse), sie wurden erschaffen. Ich baute mir ein paranoides Universum zusammen, in dem ich selbst nicht leben mochte. Nicht mehr das unschuldige Leiden des hilflosen Helden von Lovecraft, eher die psychologische Folter des schuldigen Helden bei Clive Barker, der aber dennoch wohlig schluchzt, wenn man ihn bei lebendigem Leibe häutet. (Wie gesagt, in dieser Art Universum möchte ich nicht leben.)

Auf der anderen Hand versuchte ich die Abnormalität der Personen durch eine detaillierte und historisch akzeptable Umwelt auszugleichen – die gesamte Stadtgeschichte und der Stadtplan von Kingston stammt ebenfalls aus dieser Zeit, mitsamt seiner Umgebung. Ein detailliertes, paranoides Universum – sowohl Al Capone als auch Aleister Crowley und die Kennedys tauchen bloß als eher unwichtige Nebenfiguren auf. Und dies gibt tatsächlich auf eine düstere bösartige Weise Sinn. Selbst die großen Gestalten der Geschichte sind nur Spielfiguren, die von unsichtbaren Mächten verschoben werden. Allerdings wusste ich im Gegensatz dazu nicht, als ich das erste Mal von Preacher’s Rock schrieb, was es mit diesem ominösen Prediger auf sich hatte. Solche Sachen ergeben sich am Ende von allein. Ein bösartiger Teil des Unterbewusstseins hat irgendwann so viele Hinweise und Anspielungen gegeben, dass die unausweichliche Schlussfolgerung offen da liegt. Ähnlich ist es mir später noch einmal ergangen – den Abschnitt, indem Louie Bancroft gefoltert wird, zu schreiben, kam mir schon bald nachdem ich „Unter dem Brunnen“ das zweite Mal geschrieben habe. Warum jedoch diese Szene wichtig war, merkte ich erst, als Henoch Fogerty in seinen Monolog ausbrach. Dennoch kann ich nicht sagen, dass seine Offenbarungen als Überraschung kommen würden. Hätte es anders sein können?

Man mag es als etwas affektiert erachten, das größte Schreibvergnügen habe ich bei den historischen Anspielungen und Hintergrundinformationen empfunden, die dieses Werk würzen. Viele basieren übrigens auf realen Tatsachen, wie unglaubwürdig sie auch klingen mögen. Ich hoffe jedoch, dass es sich dennoch um ein anderes Universum handelt: Leben mag man in ihm nicht, auch wenn es ein amüsantes Exerzitium war, es zu erschaffen.

(Den gleichen Gedanken hat Gott wahrscheinlich auch manchmal, wenn er diese andere, größere Welt betrachtet.)

Sonntag, August 26, 2007

Neuveröffentlichung!

UNTER DEM BRUNNEN
Die Geheimnisse von Kingston.


Ein Horror-Roman in der Tradition von H.P. Lovecraft und Clive Barker


Cyprian Moncleef, ein junger Schriftsteller, der aus den Grabenkämpfen des 1. Weltkrieges mehr als eine äußere oder innere Schramme mitgebracht hat, ist an einem Punkt angekommen ist, an dem seine innere Zerrissenheit auch seinen Beruf zu ruinieren scheint. Doch der Urlaub in dem Städtchen Kingston ist nicht die beschauliche Idylle, die er sich vorgestellt hat. Merkwürdige Dinge gehen nachts auf dem Alten Friedhof der Stadt vor sich, und Cyprian muss bald feststellen, dass alle Vorgänge in Kingston von einer eigenartigen Geheimgesellschaft dirigiert werden, deren Einfluss sich in alle Richtungen zu erstrecken scheint. Und was verbirgt sich unter dem alten Brunnen im Wald, von dem die Sage geht, dass ein verschollener Indianerstamm ihn einst erbaute?

Support independent publishing: buy this book on Lulu.Dieser Roman von Axel M. Gruner ist ab sofort bei Lulu, dem führenden Anbieter für unabhängiges Publizieren im Internet, erhältlich. (280 Seiten, 4.25" x 6.88", Fest Bindung) Taschenbuch €12.50

Dienstag, August 21, 2007

Noch mehr grosses A

Ich hatte vor einiger Zeit konstatiert, "dass Augustinus ein Arschloch war." Diese einfache, und doch einleuchtende Feststellung führte zu einem kleinen Aufkochen meines Briefkastens. Schmähbriefe, Drohgebärden und dazwischen immer wieder der hinrissige Verweis, dass "Augustinus ja irgendwie schon Crowley vorweggenommen habe."

Verwirrend, oder? Dabei ging es ja gar nicht darum, Querverweise von den Kirchenvätern zum Satanismus oder anderen Modeverirrungen herzustellen. (Herr Ratzinger ist übrigens auch ein Augustiner, wie man konsterniert feststellen muss.)

Stattdessen ging es eigentlich darum, auch einmal ganz nüchtern fest zu stellen, dass kein Künstler, egal welcher Sorte, sich der konstruktiven (und noch schöner, der destruktiven) Kritik des gesunden Menschenverstandes entziehen kann. Das Kaiser-Gambit, wissen Sie? manchmal muss man einfach feststellen, dass es gar keine neuen Kleider gibt, die angeblich die nackte Existenz verschönern.

Nur unser treue Korrespondent, Herr D. aus H., gerade eben von einem längeren Auslandsaufenthalt zurückgekehrt, konnte sich dem anschließen, und legte gleich nach.

Ich sehe es gerne, wenn die Heiligen einen mitkriegen (schrieb er). Aber daß Du Kinski immer noch als echten Künstler bezeichnest, trifft nicht auf meine Zustimmung. Zum Beweis für Kinskis Überschätzung (selbst und fremd), hier nochmal ein Zitat aus seiner artifiziellen Autobiograpfie "Ich brauche Liebe":
"(...) Es gibt jedoch noch andere Ausnahmefälle, in denen ich aufs Zimmer gehe. Zwei Stewardessen der Swissair geben mir alle Schweizer Schokolade, die sie den Fluggästen nie anbieten und in ihre Taschen gerafft haben. Die beiden Leckermäuler ficke ich gleich auf ihren Zimmern, weil ich sie im Fahrstuhl des Hotels kennenlerne, und sie nach der langen Reise unbedingt ins Bettchen müssen.
Auch die Touristin aus Buenos Aires besuche ich nachts in ihrem Zimmer. Mit ihr hätte ich an den Strand gehen können, aber nicht sie interessiert mich, sondern ihre Tochter. Die Mutter leckt mir das Gesicht ab. Aber ich lasse mich nicht erweichen, die Bedingung ist das Töchterchen. Ich ficke sie nur, wenn sie mir ihre Tochter gibt.
Noch eine, die letzte, im Leme Palace Hotel: die schwarze Garderobiere. Ich ficke sie, als sie mir zwischen den Aufnahmen beim Umkleiden hilft. Dann habe ich wieder einen Tripper."
Ist das nicht primitiv?! Ich weiß, ich bin ein Spießer.

Keineswegs, hochgeschätzter Korrespondent. Keineswegs. es gibt nur zu viele Künstler da draußen, die das Kaiser-Gambit noch nicht ausreichend gekostet haben.

Sonntag, August 05, 2007

Publikationen :: Update

Ich habe inzwischen die Pyropunkromane, an denen ich gearbeitet habe, kurzzeitig beiseite gelegt (hoffentlich wird dies nicht ein ungewollter Epitaph!). Der Roman, den ich redigiert habe, ist zwar eigentlich fertig, kommt aber sicher besser, wenn er - wie vor Jahrhunderten geplant - Teil der ursprünglichen Trilogie ist. Das bedeutet natürlich, dass ich die anderen beiden Bände auch schon fertig haben sollte. Das könnte dann aber etwas dauern. Da ich mir aber fest vorgenommen hatte, diesen Monat noch das nächste Buch herauszubringen, habe ich also kurzzeitig ein anderes Manuskript hervorgezogen.

Dies ist "Unter dem Brunnen", ein in sich abgeschlossener Horror-Roman "in der Tradition von H.P.Lovecraft und Clive Barker", d.h. sowohl mit Innereien als auch 'kosmischem Grauen'.) Wenn das Wetter mich nicht noch mehr ausbremsen sollte, brauche ich zur Redaktion dieses Meisterwerkes nur die Rechtschreibung zu prüfen und vielleicht ein oder zwei kurze Szenen nachzutragen, die ich schon seit langem im Kopf hatte, die ich aber bisher vermieden hatte zu schreiben, da das Manuskript ja sowieso nur faul im Archiv rumlag.

Hier als kleiner Teaser das Titelbild, unter dem es wahrscheinlich erscheinen wird:

Samstag, August 04, 2007

Saturn in Da'ath

Der grosse Michael Moorcock führte in den 60ern als polares Prinzip seiner Fantasyserien den ewigen Streit der Mächte des Chaos gegen die der Ordnung ein. Und das war lange vor der Chaostheorie, die so schön poppig daherkam und selbst (warum auch immer) in Jurassic Park zitiert wurde. [Ich bekenne mich schuldig, auch ich habe in den 90ern gerne mit Worten wie "Chaos" und "Entropie" um mich geworfen...]

Chaos gegen Ordnung findet man auch in den Schöpfungsmythen, eine alte Idee, nicht unbedingt eine schlechte Idee. (Auch bei Perry Rhodan haben die Wesenheiten höherer Ordnung inzwischen die Kleider von Chaotarchen und Kosmokraten angenommen - ob dies nun Quanten-SF oder eigentlich Fantasy ist, könnte man gelegentlich mal bei einem Bier unter einer S-Bahn-Brücke diskutieren...)

Manche Ideen sind anscheinend ansteckend... Sprache ist ein Virus, wie schon der große William S. Burroughs anmerkte.

Beim Zusammenstellen von PUNKDAEMONIUM bin ich dann über eine ganz abseitige Version des Chaos/Ordnungs-Mythos gestolpert: Saturn in Da'ath Raucht Dein Kopf, Bruder? Ha! Ich finde das eigentlich recht einleuchtend, auch wenn ich vollkommen anderer Meinung bin.

Da'ath! Warum ist eigentlich jeder so heiß auf Da'ath?

Ich glaube, Da'ath ist die Chaostheorie des 21. Jahrhunderts...

Freitag, Juli 13, 2007

Der Hack hackt... äh, hakt...

Ich bin kein großer Programmierer, aber ich weiß wo man es kriegen kann. Leider nicht nur ich. Der gute Mann, der den Javaskript-Hack entwickelt hat, durch das man seit einiger Zeit bei manchen Posts des NEMED HOUSE BLOG zwischen der Kurzversion und der Gesamtversion in Überlänge wählen kann, musste inzwischen kapitulieren. Das Skript, das es kostenlos anbot, wurde innerhalb kurzer Zeit sooft verlinkt, dass die gesamte Bandweite aufgebraucht wurde und alle Konten gesperrt wurden. Ein hervorragendes Beispiel für Angebot und Nachfrage. Und damit der gute Mann nicht auch noch arm und elend wird, bittet er nun darum, das Skript doch bitte selbst in die Seiten einzutragen, die es verwenden wollen. Was hiermit geschehen ist.
(Da hätte man auch selber drauf kommen können... sorry für den Ärger, Mr. Ramani...)

Dienstag, Juni 12, 2007

Punkdaemonium | Titelbild


Titelbild von "Punkdaemonium - Magie und Chaos in den 90ern" © 2007 by Axel M. Gruner. Das Cover verwendet ein altes Bandfoto des Autoren und einen Ausschnitt aus einem Mandelbrotfraktal zur Illustration des Themenkomplexes.

Montag, Juni 11, 2007

Neuveröffentlichung!

PUNKDAEMONIUM
Magie und Chaos in den 90ern.


Reportagen aus der Subkultur der "nicht funktionierenden Kultur"


Die in diesem Buch gesammelten Essays und Beiträge wurden während der 90er Jahre des vorgehenden Jahrhunderts in verschiedenen Magazinen und Privatdrucken veröffentlicht.
Eine Sammlung von teils erheiternden, teils erschreckenden Texten aus der Generation X, dargelegt mit exhibitionistischer Bescheidenheit in dezent überarbeiteter und korrigierter Form.

Support independent publishing: buy this book on Lulu.Die Anthologie von Axel M. Gruner ist ab sofort bei Lulu, dem führenden Anbieter für unabhängiges Publizieren im Internet, erhältlich. (134 Seiten, 6.14" x 9.21", Fest Bindung) Taschenbuch €9.38

Sonntag, Juni 10, 2007

NEMED BOOKS :: Kauf mich!


Ab jetzt erhältlich:

Bücher aus dem NEMED HOUSE bei lulu.com, dem weltweit erfolgreichen gegründeter Print on demand-Dienstleister für Bücher, E-Books, Musik, Bilder, Filme und Kalender.

Und wie man liest, ist Lulu "nicht nur der ideale Partner für kreative Einzelpersonen, sondern auch für weitsichtige Unternehmen, die nach innovativen, anpassbaren und flexiblen Publizierungs- und Drucklösungen suchen."
Na, wunderbar.

Freitag, Juni 08, 2007

NH in Print :: Die 90er Anthologie

Wie ich unlängst (Resumee | Der Tod des Egozines) festgestellt habe, ist die Zeit der Egozines und Privatveröffentlichungen, wie sie früher üblich waren, wohl vorbei. Glücklicherweise gibt es in der Zeit von Web 2.0 andere, interessante Möglichkeiten der Veröffentlichung. Ich stelle gerade eine Anthologie aus den besten (oder merkwürdigsten) Schriften aus den 90er Jahren zusammen - Artikel aus den Egozines, aber auch einen Haufen Gedichte und ein oder zwei Shortstories. Diskret überarbeitet (Tippefhler!), aber nicht aktualisiert: Ein wunderliches Artefakt voll von Nostalgie und Retro-Charme. Oder so. Teilweise Erstveröffentlichungen. Ein echtes Sammlerstück!

(...schrieb er und fiel kichernd von seinem Stuhl.)

Montag, Mai 28, 2007

Resumee | Plotreste | Merkwürdige Meeresgötter

Drei sind die Kinder, die Pontos, der Urgott des Meeres zeugte:

Nereus ist der alte Mann der See, Herr über den Fischreichtum, der an der Seite seines Weibes Doris und seinen 50 Töchtern, den hilfebringenden Nereiden, in einer silbernen Höhle der Tiefe der Ägais herrschte. Er ist der Weise des Meeres, ein Gestaltwandler und Prophet, der die Zukunft vorhersagen kann, ein alter Mann mit einem hölzernen Stab, umgeben von einer Schaar seiner Töchter, ein sich ringelnder Fischschwanz anstelle der Beine. Die Nereiden sind schöne Jungfern, umgeben von Delphinen, oder auf ihnen oder den heiligen Hippokampoi reitend, die Schiffern und Fischern hilfreich zur Seite stehen können. Und war Nereus nicht vielleicht auch der Vater jenes mysteriösen Menschengottes Glaucos mit der blauen Haut und dem kupfergrünen Haar?

Der grosse Thaumas (Wunder) ist der alte Mann, der über die Wunder der See gebietet. Sein Weib ist Elektra, die bernsteinfarbene Wolke, seine Töchter Iris, der Regenbogen, und die Wirbelwinde oder Harpyien: Aellopous, Celaeno, und Ocypete.

Der stolze Phorkys (Robbe) ist der Gott, der über die Tiefen des Meeres herrscht: Zusammen mit seinem Weib Keto (Wal) zeugte er die schrecklichen Gottungeheuer der Meere: Skylla die Krabbe; die flinke Thoosa, Mutter der Kyklopen; den starkströmenden Ladon, die hundertköpfige Seeschlange; die drachenartige Viper Echidna, die über die übelriechenden und giftigen Gewässer herrschte; die grauen Graien des Meeresschaumes, und die schrecklichen Gorgonen, deren versteinernder Blick tödliche Felsen und verborgene Riffe schuf. Phorkys ist grauhaarig und mit einem Fischschwanz versehen, mit krabbenartiger spitziger Haut und krabbenartigen Vorderbeinen. Sein Attribut ist eine Fackel.

* * *

Freundlicher sind die Kinder des Poseidon und der Amphitrite: Triton, der Meereskentaur, der beständig auf seinem Muschelhorne bläst, das Meer aufwühlend. Auch er ist ein göttliches Mischwesen: Sein Oberkörper ist der eines Menschen mit den Vorderbeinen des seinem Vater heiligen Pferd, sein Unterkörper ähnelt jedoch einem Delphin.

Tritons Schwester Benthesikyme, so sagt man, heiratete den König von Äthiopien, obwohl sie eine Unsterbliche war, der ihr Vater die Gabe zu prophezeien, und auf dem Wasser zu gehen, verliehen hatte.

Die andere Schwester des Triton war Rhode, die den Sonnengott Helios heiratete und nach der die berühmte Insel benannt ist – die Nymphengöttin des Lichtes und der Feuchtigkeit, die ebenso wie ihre Verwandten den Schiffer aus der Not erretten oder ihn im aufgewühlten Meeer zugrunde gehen lassen konnte. Sie begleitete ihren Gemahl auf seinem Wagen, so dass auch bei ihrem Namen in der ganzen Ägais heilige Eide geschworen wurden.

* * *

Die Telchinen, so sagte man, waren vier mysteriöse Magier-Schmiede und Seedämonen an den Inseln von Keos und Rhodos. Sie erfanden die Kunst der Metallurgie und erschufen die Sichel, mit der Kronos seinen Vater Ouranos kastrierte und später den magischen Dreizack, mit dem Poseidon Erdbeben hervorrufen konnte und Berge in die See warf, um Inseln zu erschaffen. Diese seltsamen Seedämonen wurden manchmal beschrieben als mit den Köpfen von Hunden und Fischflossen anstelle von Händen. Die Namen von zwei von ihnen waren Damnameneus und Skelmis.

Resumee | Plotreste | Tezcatls Name

Der Name des Zauberers Tezcatl ist abgeleitet von der alten Gottheit Tezcatlipoca, der Geist der Dunkelheit, dem Herren der Nacht und des Nordens, der Hexerei und des Raubes, der Zwietracht und des Krieges. Sein Name bedeutete „Rauchender Spiegel“ – es ist dieser Rauchende Spiegel, der der Quell und Garant von Tezcatls finsterer Macht ist.

Der Name des Spiegels ist Itlachiayaque oder „Der Ort von dem er zusieht“, und er ist in beständigen schwarzen Rauch gehüllt. Der Rauchende Spiegel sieht alles und tötet alle Feinde, er sucht die Sünder mit Armut und Krankheit heim und belohnt die Tugendhaften mit Reichtum und Ruhm. Wie die Welt böse ist, ist auch der Gott des Bösen einer der Herren der Welt: Der Schwarze Tezcatlipoca, so sagt man, ist der Schatten des Weissen Tezcatlipoca (Quetzalcoatl) – sie sind die Herren der Dualität, zwischen ihnen ist die Welt aufgeteilt.

Tezcatlipoca wurde als unheimliche Gestalt dargestellt, sein Gesicht unkenntlich gemacht von einem schwarzen Streifen Kriegsfarbe, sein rechter Fuß, den er sich an den Toren der Unterwelt abgeklemmt hatte, ersetzt durch den namensgebenden schwarzen Obsidianspiegel. Welchen Namen der Gott trug, bevor er verstümmelt wurde, ist nicht überliefert. Aber er wird auch durch andere Namen beschrieben: Yohualli Eecatl (Nachtwind), Necocyaotl (Der Zwist auf beiden Seiten sät), Tloque Nahuaque (Herr das Nahen und Nähsten), Ipalnemoani (Er durch den wir leben) und Titlacauan (Wir sind seine Sklaven).

In anderen Darstellungen trägt er den Rauchenden Spiegel auf der Brust – sein abgetrennter Fuß wird hier durch einen Hirschhuf ersetzt, um seine unheimliche Behendigkeit zu betonen.

Er ist der Geist der Dunkelheit, er gebietet über die Dunkelheit des Schicksals, sein Totem ist der Jaguar inmitten des nachtdunklen Waldes.

Resumee | Plotreste | Tezcatl

Rahmen: Bei der vollkommenen Umarbeitung meiner Arullu-Geschichten [ja, auch mit der Geographie der Sterbenden Erde bin ich nicht mehr so zufrieden…] habe ich drei Kurzgeschichten wieder ausgegraben, die ich hier die Haimeergeschichten nennen möchte, da sie alle an und unter diesem Gewässer und dem benachbarten Land Mech spielen. (Nicht Mexé, wie ich irrtümlich in Erinnerung hatte – wie gesagt bin ich mit der Geographie auch nicht mehr so zufrieden.) Jede der Geschichten für sich ist gerade noch so zu ertragen, zusammen fällt leiden sie darunter, dass die Katastrophe wie immer das Ziel ist und es einfach kein Happy End gibt. Das typische Dilemma der typischen Weird Tale. Ich hatte die vage Idee, aus diesen drei eher faden Geschichten eine neue und auch für mich interessantere zu schaffen.

Vorgehen: Ausgehend von der Hauptfigur der drei Geschichten - einem unsterblichen Hexer namens Tezcatl, der unter dem Haimeer lebt – machte ich mich daran, die Szenerie weiter zu entwickeln, in der festen Überzeugung, dass sich hier schnell eine weitere interessante Geschichte herausschälen wird. Schwerpunktthema waren hier a) der dem Hexer den Namen verleihende Tezcatlipoca und andere Aspekte der aztekischen Mythologie, und b) Götter und Kreaturen des Meeres, um den das Haimeer bewohnenden Wesen einen soliden Stammbaum zu schaffen.

Kontext: So machte sich einer der ältesten und schrecklichsten Magier jener Zeit, der einäugige Tezcatl von Mech bereit, sein Vermögen an wertvollen Steinen und angstvollen Weistümern ferner Sterne vor dem grimmen Zugriff der Zukunft in Sicherheit zu bringen. Machtvoll war der Alte, und auf sein Geheiß erschufen hundert schwarze Geister eine große Galeere aus rauchigem Glas und beluden sie mit den Schätzen Tezcatls, des Mächtigen, von dem man noch nach Jahrhunderten in Mech raunte, er sei einer der wenigen gewesen, die die schroffen Zinnen der Höllenzitadelle Gartangur lebend wieder verlassen hatten.

Freitag, Mai 18, 2007

Die Kunst der Homage

Vor vielen Jahren las ich meinen ersten Roman von Philip José Farmer. Ich kann nicht einmal sagen, welcher es war – vermutlich die „World of Tiers“-Serie. Und obwohl mich dieses großartige Abenteuer sehr wohl begeisterte, war es tatsächlich ein Interview mit diesem Autoren, das mein Interesse für ihn und sein Werk erst richtig weckte. In diesem Interview sprach er von seiner Liebe zu den Büchern, die ihn in seiner Jugend geformt hatten, und wie er ihnen in seinen Werken Respekt erwies, den klassischen und den trivialen.

Man konnte sogar sagen, daß er seine Jugendhelden in seinen Büchern zu neuem Leben erweckte, und denen, die ihn beeinflussten - seinen literarischen Ahnen und vorbildern - Homage erwies. Farmer hat nicht nur einen echten Tarzan-Roman geschrieben, sondern auch mehrere Pastiches und Kopien, in denen verschiedene Aspekte des Mythos vom Dschungelgott teils ironisch, teils realistisch bearbeitet wurden – er hat eine Fortsetzung des „Zauberers von Oz“ geschrieben, und eine von „Moby Dick“, die in der fernsten Zukunft spielt. („Ishmaels fliegende Wale“) Er hat aber auch zwei auf den ersten Blick unheimlich realistisch wirkende Biographien seiner größten Kindheitshelden geschaffen – die von John Clayton, Earl of Geystoke und die von Clark Savage, Jr., bei denen nur unser unterbewußter Zensor uns immer wieder daran erinnern muß, daß Tarzan und Doc Savage doch nur Gestalten der Unterhaltungsliteratur sind, und keine realen Personen.

Man kann dies als fragwürdige Nostalgie betrachten, diesen Hang zur Juvenalia – als Verweigerung dem Erwachsenendasein gegenüber. Es gibt jedoch auch eine metatextuelle Relevanz jenseits von Psychologie und Stilkriterien. Solche Figuren sind nicht nur für einen Jugendlichen sehr wohl wirklich, denn sie wirken auch im Erwachsenenleben weiter. Sie sind Teil der eigenen Geschichte. Und in einem weiteren, literarischen Rahmen sind sie Geschichte, denn an ihnen müssen sich alle nachfolgenden Abenteuer messen.

PJF hat diese Geschichte fiktiver Figuren zu einer Geschichte einer fiktiven, doch vertrauten Welt kombiniert, die spätere Forscher in Ermangelung eines besseren Ausdruckes das „Wold Newton Universum“ genannt haben, zu Ehren des Meteors, der bei dieser kleinen Stadt in Mittelengland einschlug und durch seine Strahlung die Familien der Holmes, der Greystokes und der Blakeneys nebst anderen zu den herausragenden Gestalten veränderte, die sie waren. Ich jedenfalls habe Farmers Konstruktion einer Realität, in der die großen Figuren der Abenteuerliteratur Seite an Seite existieren – von Sherlock Holmes bis zum Shadow der „blutigen Pulps“ – sehr genossen.

Die Freude am Vertrauten ist hier nur die erste und vordergründigste, tiefer geht das, was den Fan und bereits Vertrauten anspricht: Nicht nur die Wiederbegegnung mit den unsterblichsten Charakteren dieser Art Literatur, sondern auch ihre Verwandtschaftsverhältnisse und auch die Geheimnisse hinter mancher bekannten Geschichten. Also eigentlich all das, was die eigentümlich wahnwitzige und doch faszinierende Natur von Fandiskussionen, Fanfiktionen und Fansein ausmacht. Aggressive Nostalgie und progressiver Eskapismus.

Es ist fast so etwas wie eine Art Hobbyarchäologie – auf der Seite des Autoren das Wühlen in Kindheitserinnerungen, auf der Seite des Lesers das Ausgraben der versteckten Anspielungen, Scherze und Ostereier. Je komplexer, desto besser – große Kunstwerke, mit Juwelen verkrustet, wahrscheinlich für die russischen Zaren bestimmt. Die große Leichtigkeit, mit der man solche Bezüge auch in Nebensätzen einflechten kann, steht in keinerlei Verhältnis mit der Komplexität des Kontextes und der Kontinuität, die sie erschaffen. Ist es eine neue Geschichte, die man mit dieser Form der Homage erschafft, oder nur eine Brücke zwischen anderen? Tatsächlich ist es eine neue Form der Realität, subjektiv geformt durch die Erinnerung und Freude des Autoren, die entsteht.

Nehmen Sie es mir also nicht übel, wenn auch ich im Folgenden den großen Figuren der Abenteuerliteratur – Sherlock Holmes, dem Shadow, Lord Greystoke und Philip Jose Farmer – Homage erweise und den Leser in eine Realität entführe, die offensichtlich fiktiv, aber doch seltsam vertraut ist. Sie werden sich wundern, wie viele Bekannte vorbeikommen werden…

[Erster Entwurf eines Vorwortes zu den gesammelten Aristide Allard-Geschichten]

Mittwoch, Mai 16, 2007

Aristide Allard :: Die Serie

Stand: 2007-05-16
Oh, wie sich die Demimonde im Ende des Jahrhunderts gefiel! Noch war keine Rede vom Neuen Zeitalter, das da kommen würde, und die Blutbäder und Schrecken des 20. Jahrhunderts waren noch hinter einem gnädigen Schleier aus anästhetisierender Dekadenz verborgen, in einer berauschten Ästhetik utopischer Schwärmereien, hochfliegender als die kühnsten Lügenmärchen Cyranos. Wissenschaft wurde zu Kunst, und Kunst zu Wissenschaft, das Feine wurde verfeinert, der Grobe immer gröber. Kaum ein Tag verging, daß die Gazetten und Journale nicht voll waren von Bauplänen von Maschinen, die fliegen, tauchen, sich in die Erde bohren, durch die Zeiten reisen oder zum Mond katapultiert wurden...

STUDIEN IN SMARAGD entführt den Leser in die phantastische gaslichterhellte Welt des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Der Detektiv Aristide Allard, ein Zeitgenosse von Sherlock Holmes, ist der einzige Vertreter einer neuen Theorie der Verbrechensaufklärung, die sich selbst für seinen treuen Begleiter kaum von den ekstatischen Visionen zu unterscheiden scheint, die er im Absinthrausch erlebt. In der Pariser Halbwelt taumelt er von einem phantastischen Abenteuer zum anderen, das ihn immer wieder mit Figuren aus der klassischen utopischen und Abenteuerliteratur zusammenführt. Doch wer in Aristide Allard nur einen Bohemién und Träumer sieht, hat ihn schon unterschätzt. Hinter dem Schleier des Absinth verbirgt sich ein eiskalter, meisterhafter Verstand…


STUDIEN IN SMARAGD
Die Fälle des Absinth-Detektivs Aristide Allard

Vollendet
.S1. Der Gelbe Diamant [2003]
.S2. Die Blaue Blume [2003]
.S3. Die Schwarze Muse [2003]
.S4. Der Weisse Schatten [2005]

Unvollendet
--. Das Rote Fenster
--. Die Unbekannte Farbe
--. Anmerkungen und Quellen

Weiteres thematisch verbundenes Material vorhanden.

Dienstag, Mai 15, 2007

Resumee | Plotreste | Denatsate

Recherche: Die scheußliche Transformation der Entstellung, die man Denatsate nennte, bestand aus dem Auftrennen der Wangen von Ohr zu Ohr, dem Entfernen des Zahnfleisches aber nicht der Zähne und dem Abschneiden der Nase. Die so entstandene schreckliche Visage ähnelte nichts so sehr wie einem beständig grinsenden Totenschädel.

Diese Kunstfertigkeit in der Verstümmelung besaßen nicht viele, aber sie wurde in manchen ‚Zigeuner’- oder Bettlerstämmen (Dacianos?) kultiviert, um Kinder und Entführte auf eine solche Weise zu entstellen, dass sie nie wieder gefunden werden konnten. Ihre Identität ausgelöscht durch das blutige Messer wahnwitziger Chirurgen. Die Menschlichkeit aus ihren Gesichtern fort geschnitten, um die Gaffsucht des Pöbels auf Jahrmärkten und den eigentümlichen Sammlungen dekadenter Herrschaften zu befriedigen. Monstrositäten auf Bestellung für das Bettlergewerbe.

Hinter vorgehaltener Hand wisperte man sich zu, dass auf diese Weise die Erben manch hoher Häuser aus dem Weg geräumt wurden – gemordet, doch am leben, lebendig, doch für die Augen der Welt tot.

Hintergrund: "Der Mann der lachte" von Victor Hugo

Zitat: Das ist unsere Freude auf das Unnormale. Unsere Phantasie ist in Bezug auf das tägliche Leben erfüllt, doch sie sucht die Kenntnisse der unbekannten Dinge, die an den Rändern der Realität existieren. Und das macht die "Anziehungskraft des Schrecklichen" aus. - Paul Leni

Resumee | Plotreste | Allard 2

Sonntag, Mai 13, 2007

Resumee | Plotreste | Allard 2

"Der Vierte Kreis"

Zusammenfassung: In einer kleineren Provinzstadt an den Ufern der Seine, nicht unweit der großen Metropole... Hier sind die Sitten noch altertümlicher, der helle Glanz des elektrischen Lichtes hat noch keinen Einzug gefunden, der gelbe Schimmer des Gaslichtes erhellt noch die nächtlichen Strassen. Hier sind noch alle Behausungen aus Stein gebaut, und der lange Schatten der gotischen Kathedrale liegt schwer auf dem Herzen der Stadt. Doch auch hier herrscht die Demimonde, und die Bohemiens versammeln sich in den Absinthhäusern und den spektakuläreren der Cafés. Und gerade hier in der Provinz ist die Gier nach Aufregung noch größer, die Reize schriller, gröber und weniger verfeinert.

Wir finden den Erzähler, und seinen kühlen Freund Aristide Allard im Zentrum der Demimonde, einem Café namens "La girafe combustible"(Die Brennbare Giraffe). Eine seltsame Sommerfrische, auf die ihn Allard mitgenommen hat, und er kann nicht umhin, sein Misstrauen ob des stets spöttischen bleichen Gesichtes seines Freundes zu äußern, in dem nichts zu lesen ist und in dessen Augen sich der grüne Glanz des Absinthes widerspiegelt.

Aus dem Chaos der Stimmen, dem schrillen Lachen der Tänzerinnen, dem Murmeln der Spieler und Trinker (der 1. Kreis) hebt sich plötzlich eine jugendliche Stimme, anklagend, verzweifelt, pathetisch. Start junger Mann unter Druck des Wissens des 3. Kreises muss sich entladen, indem er Wissen des 2. Kreises preisgibt, verschwindet, daraufhin verfolgt ein Wesen des 3. Kreises ("Der Botschafter des Mondes") die ermittelnden Detektive. Diese eruieren irgendwann, dass es noch einen Vierten Kreis geben muss, und dass das Wissen des Vierten Kreises gefährlich ist.

Resumee | Plotreste | Allard 1

Resumee | Plotreste | Allard 1

Weiterführend die Einsichten vom letzten Sonntag hier einige Plotreste, die im letzten Jahr liegengeblieben sind:

Rahmen: Ich bin vor einiger Zeit gebeten worden, ein Drehbuch für ein Hörspiel zu verfassen. Eine wahnsinnig kreative Idee, die aber anscheinend nicht so brennend war wie es in dem Moment erschienen sein mag, als sie mir vorgetragen wurde.

Vorgehen: Nach den Vorgaben entwickelte ich eine passende Grundidee, die die von mir erfundene Gestalt des Absinth-Detektives Aristide Allard benutzte. Weitere Recherche zu der Grundidee schlossen sowohl psychologische als auch psychische Deformierungen ein. [In diesem Kontext befasste ich mich auch mit der Physiognomie des Jokers bzw. des "Mannes der lachte".]

Kontext: Langsam nimmt die groteske Silhouette vor dem fahlen Mondschein Gestalt an. Kalkweisse, aussätzige Haut, einem Leprakranken gleich, der breite Mund zu einem höhnischen, freudlosen Grinsen verzerrt, dass die Augen zu Schlitzen werden unter kunstlos aufgetragenem Rouge. Der Mund, wie gummiartige Lefzen einer Hyäne teilt er das teuflische Gesicht von Ohr zu Ohr. Ein deformierter Körper schiebt sich schlurfend heran, über viel zu grosse Stiefel stolpernd, wie die Schritte eines klumpfüßigen Bettlers. Und plötzlich hebt sich ein unheimlicher Ton in der Stille; das hohle, hallende Kichern eines Wahnsinnigen.

Sonntag, Mai 06, 2007

Heute, vor zwei Jahren...

...ist der Nemed House Blog online gegangen.
Eigentlich wäre es jetzt angebracht, die Sektkorken knallen zu lassen und eine richtig fette Aktion hier zu starten, so mit Tanzmädchen und feinen Geschenken für alle. Ja, genau. Wir wollen's doch nicht übertreiben. Aber ich hab doch noch das eine oder andere eigentümliche Ding in den letzten drei Tagen gefunden.

Freitag, Mai 04, 2007

Mediaporn

Wie man seit heute sehen kann, bin jetzt auch ich als letzte Bastion unparteiischer und unabhängiger Berichterstattung in die Knie gesunken, um ein wenig Staub zu schlucken. Auch Nemed House hat jetzt also diese putzigen Anzeigen am Seitenrand, und in Zukunft sogar - sofern es angebracht erscheint - kleine dunkelgraue Felder, über die man mit einem lässigen Mausklick direkt ein empfehlungswürdiges Buch bei amazon.de bestellen kann. Reich werde ich damit nicht, aber es hilft bei der Kommunikation und ist dem einen oder anderen vielleicht sogar ein netter Service. Die eigentümlichsten Dinge wirken sich auf die eine oder andere Weise segensreich aus, manchmal. Man weiß ja nicht, wozu es gut ist.
(Das ist natürlich gelogen, ich weiß ziemlich genau, wozu das alles gut ist.)



Gewöhnlich erheitere ich mich ja über die Suchanfragen und -worte, weswegen Leser hierher kommen. Ziemlich unfair, ich weiß, schließlich sollte ich mich ja über jeden Gast freuen, egal wie nieder seine Beweggründe sind. Stattdessen schaue ich heute einmal nach den Suchanfragen, für die am häufigsten Seiten dieser Website zurückgegeben wurden, und nach den durchschnittlichen Spitzenpositionen, die Nemed House bei diesen Suchanfragen vorweisen kann. [Anmerkung: Gilt anscheinend für die deutschsprachigen Seiten im Netz.]
  • mediaporn - Grossartig! Vielleicht sollte ich es mir patentieren lassen. Hier liegt Nemed House auf dem ersten Platz! Wenn jemand wirklich wissen will, was Medienporno ist, wird er unweigerlich hierher kommen. Ich sollte mir also schleunigst ausdenken, was das eigentlich sein soll. [Ich weiß es, aber was zahlt ihr, dass ich es auspacke?]
  • welche literarische figur wurde von dem amerikaner robeert e howard geschaffen - Die Antwort ist einfach. Dennoch, ein entspannter 2. Platz dank dieser Frage.
  • "black bat" pulp - Auch hier liegt Nemed House auf Platz 2, vielleicht sollte man also schnell mal daran denken, aus dem Namen etwas zu machen. [Und dabei weiß ich nicht einmal, wo ich den jetzt hingeschrieben hatte...]
  • Robert E. Howard - Platz 7? Das ehrt, aber ich hätte eigentlich gedacht, dass da die Profiseiten weiter vorne liegen. Aber auf dieser Seite des Atlantiks gibt's wohl nicht so viel Interesse mehr. Schweinerei.
  • Cthulhu Mythos Texte und Krähen verscheuchen - bei beiden Sucheingaben auf Platz 10 zu liegen, ist keine Schande. Ich habe im herbst viel über Vogelscheuchen geschrieben. Der logische Schluss wäre also, eine Geschichte zu schreiben, in der irgendetwas Cthulhuides aus einer Vogelscheuche schlüpft. Mhhmm, klingt interessant. Gleichmal notieren...


"Cuckold Universum"
- "Kukucksuniversum", da macht Nemed House Platz 18. Ein nicht wirklich weitverbreiteter Ausdruck, oder? Aber er prägt sich irgendwie ein, so wie "Androiden Wicca"...



Bei den Webseiten zum Thema "Scharlach" liegt Nemed House auf Platz 54.
Also, das nehme ich jetzt persönlich. Was... zum... Henker...?

Sonntag, April 22, 2007

Arullu :: Der lange Weg nach Hause

Ach ja, Arullu... die Sterbende Erde... Mit einem resignierten Schulterzucken schiebe ich einen Ordner zurück in die vollen Regale. Ich habe in ein paar Tagen Geburtstag, und das mir selbst gestellte Ziel, bis dahin eine seit zwanzig Jahren sich entwickelnde Serie von Kurzgeschichten abzuschließen, ist so entfernt wie kaum zuvor. Sicherlich, es geht voran, und nebenbei kam man schnell mal ein paar alte Seiten einscannen, um den Corpus der Serie noch mehr zu mästen. Aber es dauert doch sehr lang.

Also früher, jaha früher, da habe ich meine Geschichten an einem Nachmittag in die Seiten gehackt! Es geht doch nichts über den harten Schlag der Schreibmaschinentype auf die willenlose Walze. Nimm das, Du Papier! Dagegen ist das plastinierte Klackern der Computertastatur nur ein schlaffer Ersatz. Aber ich fürchte, das ist nicht einmal der Grund, warum ich dieses Problem habe. Zuviel Realität, meine Freunde. Früher hatte ich kein Leben, und deswegen genug Zeit, auszubrechen in Welten voller Wunder und Wahnsinn, die ich dann schriftlich festhielt. Heute sehe ich da kaum noch einen Unterschied... zuviel Realität voller Wunder und Wahnsinn (die Hölle sind immer die anderen - andererseits auch der Himmel, soviel zum Existentialismus!)

Naja, und hier halte ich inne, eigentlich sollte man sich nicht darüber beklagen, ein Leben zu haben. (Seelenruhe stellt sich beim Schreiben dieser Worte ein... it's magic...)

Man sollte einfach mal die Alternativen bedenken...

Dienstag, April 17, 2007

Bang! Welcome Snap Shots!

Wieder einmal bestätigt als Futurist: Seit einiger Zeit verwendet das Skript von NEMED HOUSE den Service der Firma Snap!, um "Schnappschüsse" der verlinkten Fremdseiten anzuzeigen. Ich hatte sogar ein Label dafür, nämlich "snapshot". Heute Nacht erreichte mich eine Mail mit dem nächsten Update dieses Services. "Snap Preview Anywhere is no more. And in its place, please welcome Snap Shots™." (Das heisst vor allem, dass die Vorschauen bestimmter Webseiten auf die Erfordernisse besser eingestellt werden. Wikipedia z.B. bietet als Preview jetzt reinen Text statt eines Schnappschusses der ganzen Seite - der Link als Lexikonersatz. Sicherlich wird es hier auch noch andere Verbesserungen geben. Praktisch, gelle?)
Wiederum das Diktum, man kann sich nichts ausdenken, dass es nicht irgendwann gibt.

Sonntag, April 15, 2007

Die Neuerfindung des Koan mit den Mitteln des Pulp

Der Pulpkoan: Die Kombination arbiträr als symbolhaft erklärter Illustrationen und Signifikatoren von Genre- und serieller Literatur mit spontanen Interpretationen und ethischen Lektionen.
Eine weitere krude Idee, die wahrscheinlich nur mitten in der Nacht entstehen kann. Während der originalle Koan paradox, unverständlich und sinnlos erscheint, ist der Pulpkoan genauer in seiner Anlehnung an die ethischen Orakelsprüche des I Ching.
Sex and Crime and Boddhisattva! Lehrhafte pointierte Aussage des Pulp-Zen-Meisters! Nur hier auf Nemed House! Wu!

Sonntag, April 01, 2007

Nemed House gehackt!

...ist aber nicht so schlimm, ich hab's selber gemacht.
In der alten Version von Blogger - damals, in der Steinzeit - gab es die Möglichkeit, den Quellcode so zu modifizieren, dass man auf der Hauptseite nur eine Kurzfassung des Textes mit einem Link zur "Vollversion" veröffentlichen konnte. Das ging leider nur so lange gut, bis man auf BloggerBeta wechselte.
Glücklicherweise haben diese Probleme auch andere, technisch versiertere Menschen als ich, und so konnte ich heute eine Modifikation des Codes einbauen, das fast den gleichen Service bietet wie in der Steinzeit, nur entfaltet sich die Vollversion des Textes direkt vor ihren Augen auf der Hauptseite. Javascript, feine Sache.
Wenn Sie also in Zukunft den Satz Lesen Sie mehr >>> sehen, müssen Sie nur darauf klicken, und Sie können wirklich mehr lesen.
Und wenn Ihnen das dann zu dumm ist, klicken Sie auf Kurzfassung >>> und der Text faltet sich wieder zusammen. Easy, oder?

UPDATE (2.April 2007; 08:33): Falls Ihr Browser wider Erwarten - und das sollte eigentlich wirklich nur in ganz seltenen Fällen auftreten - Probleme mit der Sprache "Javascript" haben, können Sie die vollständige Version des Textes über den Permamentlink (graue Uhrzeit am Ende des Eintrages) oder über die Individualeinträge in der Archivleiste rechts lesen. Ich denke, das ist eine gute Lösung für jedermann.
NOCH'N UPDATE (8.August 2011; 10:33): Bin beim Aufräumen gerade über diesen Eintrag gestolpert. Wie oft hat Blogger inzwischen sein Skript geändert? Keine Ahnung. Jedenfalls gibt es die Option des Splitten/Jumps inzwischen auch im Bloggerskript selbst, was bedeutet alle anderen Skripts funktionieren nicht mehr. Egal. Vergessen Sie bitte, was Sie gerade gelesen haben. Die unaufhaltsame Maschinerie des Futurismus hat es unter seinen gnadenlosen Rädern zermalmt. Fnord!

Dienstag, März 27, 2007

Arullu :: In der Tiefe

"Dies war der schwarze Abgrund, auf den die Wissenschaft einer Million Jahre einst die Fundamente der Türme von Polaris gegründet hatte. Dies war die Finsternis, die am Boden der Museumsschächte lag, in denen die gesamte Geschichte der Menschheit gesammelt worden war, ihre Triumphe und Katastrophen, die Siegel der Apokalypse und die Techniken der Ekstase. Die stummen Formen der Gottmaschinen waren in den unsichtbaren Wänden verborgen, die die Leere definierten, ein schwaches Vibrieren, das nur die Empfindsamsten erahnen konnten. Vor dem Weltenbrand, vor den tausend Sintfluten hatte dieser Abgrund bestanden, vor dem Raum, vor der Zeit, wie Menschen sie verstanden. Was hier bestehen konnte, so wurde es Thena bewusst, als sie sich vorsichtig durch die Finsternis tastete, hatte den Bereich des Irdischen verlassen und näherte sich der Welt des Archetypischen."
Xowóstoron

Einer der Absätze, die ich heute an der Arullu-Story "Xowóstoron" geschrieben habe. Ich bin immer noch dabei, diese Geschichte umzuarbeiten, die langsam zu einer Kurznovelle mutiert ist. Das kommt natürlich auch davon, weil so viele gute Ideen & Bilder - unter anderem aus diesem Blog - durch meine wirren Gedanken wandern. Man sieht, es geht voran - aber laaangsaam.

Montag, März 26, 2007

Guten Morgen, Mexé!

Vor einiger Zeit hatte ich als Material für die sogenannten Haimeergeschichten etwas Material über eine Dame namens Huixtocihuatl gesammelt, der älteren Schwester des Regengottes Tlaloc, Göttin des Salzes und des Salzwassers. Nahuatl ist eine faszinierende Sprache... soviele Konsonanten...

Ich starre auf den flimmernden Bildschirm...
Was wollte ich gerade noch machen?
Hinter mir singt mein Sohn vor sich hin, der Stress war wohl zu viel für ihn.
Und derweil ich auf die Zeit warte, schieben meine Finger ohne es mich merken zu lassen die Buchstaben hin und her. Kryptisches Cut and paste... Anagramme aus Arullu...

Ich schiebe die Buchstaben herum - vielleicht ergeben sich ja nette Namen, die man als Hintergrundmaterial in die Story einstreuen kann. HUIXTOCIHUATL... So viele Möglichkeiten, und alles klingt so, als ob es keine irdische Zunge aussprechen kann...

OIHUXIHTUCATL und UIHUTHOXICATL fangen sanft mit einem Vokal an und enden beide auf einem mittelamerikatypischen -ATL. Obwohl die Mittelsilben, XIHTU und THOXI fast attraktiver klingen. CHTAUHLITUOXI und TAXTLIUHUICHO enden auf gefälligen Lauten, nachdem man sich am Anfang des Wortes die Zunge verknotet hat.
CHTHAULI
?
War das nicht dieser bekannte britische Okkultschriftsteller Anfang des letzten Jahrhunderts?

CTHULHUTAIOXI...
CTHULHU TAIOXI?
Heilige Scheisse, jetzt bin ich wach.

Donnerstag, März 22, 2007

NH Online :: Bilder & Zeichen

Auf dem Weblog von 4-tens.de kann man die wundersame Fernwirkung des letzte Woche vorgestellten Lovecraft-Plakates bewundern. Der abgebildete Betrachter auf jeden Fall wirkt, vielleicht auch unter dem Einfluss magyarischen Starkbiers in seiner Hand, auf jeden Fall sehr angeweirdet. Auf 4-tens.de kann man auch das andere sehr gelungene Plakat bestaunen, das ebenfalls für die Veranstaltung entworfen wurde. Einen ehrlichen Heimwerkergruss zurück an die Macher!


Im Zusammenhang mit dem erschröcklichen (erschröcklich schlecht motivierten) Tod von Captain America (der Berichterstatter weinte bereits vor Tagen!) hat Jackpotbaby.de einen alten Artikel von Nemedhouse über "unmögliche Helden" geplündert bzw. zu Recherchezwecken herangezogen. Man sieht, man weiss nie, wozu sowas gut ist, wenn man über vollkommen irrelevante Pop-Trivialitäten schreibt... vielleicht ist es Monate später relevant und hilft jemand anderem über den Vormittag!

Freitag, März 16, 2007

Fungi from Yuggoth :: Booklet


In den Jahren 1929-1930 verfasste H.P.Lovecraft einen Sonnett-Zyklus mit dem eigentümlichen Titel "Fungi from Yuggoth" (Pilze vom Yuggoth), eine kontinuierliche Erzählung in der Ich-Perspektive, in der der Erzähler aus seiner gewohnten Neuengland-Umgebung langsam in die traumartigen, grotesken Welten Yuggoths und der abscheulichen Weltraumwesen Mi-Go entrückt wird.

"Fungi" gehört im deutschsprachigen Raum zu den eher unbekannten Werken Lovecrafts, da die wohlfeilen Verse des Meisters des Unheimlichen nur schwerlich adäquat übersetzt werden können. Man sollte sie auch besser im Original lesen. Nachts... bei Kerzenschein... und einer Flasche Absinth...

Als besonderes Angebot habe ich den gesamten Sonnett-Zyklus in einem ansprechend gesetzten Booklets im Pdf-Format gesammelt, (24 Seiten in englischer Sprache, mit s/w-Grafiken), die ab sofort in der Internet-Community "My-Event-Horizon" als Download zur Verfügung steht.

Folgen Sie bitte diesem Link >>>

Sonntag, März 11, 2007

Schicksal, Kollege

Langsam steigt bei mir mit leichtem Unbehagen die Erkenntnis auf, dass ich den mir selbst gesetzten Abgabetermin der Arullu-Bücher wohl nicht schaffen werde. Zuviele Details wollen bearbeitet werden, und zuviel Zeit wird von dem närrischen Schreiber darauf verwandt, den Hintergrund des Genres und der Stories zu recherchieren. Ha! Und dabei habe ich die Dinger früher an einem Nachmittag in die Seiten gehackt! Da sind die alten Schreibmaschinen den Computern doch überlegen: man darf sich nicht vertippen, und sie können auch nicht ins Internet, um sich an internationalen Datenbanken fett und träge zu saugen. Ausserdem hat mir der Zahnarzt meines Vertrauens am Freitag einen Weisheitszahn gezogen, und langsam fängt das an, weh zu tun.
Also erstmal kein Fortschritt in Arullu, die Sterbende Erde stirbt weiter vor sich hin. Stattdessen türmen sich auf meinem Desktop Dateien und Entwürfe zu so vielsagenden Themen wie "Aztekische Mythologie", "buddhistische Meerjungfrauen", "Die Nacht des Pan" und "Tsathoggua".



Letzte Woche habe ich auch mindestens eine Nacht damit zugebracht, einen filigranen Entwurf für ein Plakat zu komponieren, das vielleicht am 15.3. zum Einsatz kommen wird. Nähere Details folgen, auch diese spätestens am 15. Und wieder laufen Themen aus dem Nichts auf und verknüpfen sich. Man mag gar nicht glauben, was für eine starke Magie die Synchronizität aufbringen kann. Selbst meine eher esoterischen Interessen springen mit auf den Zug. Wer hätte schon gedacht, dass man die Prinzipien postmoderner Sigillenmagie auch auf die Horrorfiguren des frühen 20. Jahrhunderts anwenden kann? (Ich natürlich... das war eine rein rhetorische Frage, aber selbst ich bin immer wieder entzückt wie das eine das andere ergänzen kann...)



Niemand versteht meine Verbitterung wg. des plakativen Todes, den die korrupte Clique von Medienpornokraten im Hause Marvel Captain America haben angedeihen lassen. Sicherlich, a) er ist nicht das erste Kostüm, das umgebracht wird, b) es ist noch nicht mal das erste Mal, dass er umgebracht wird und c) der Tod in Comicuniversen hat einen Ausgang mit Drehtür. Inzwischen ist - vor allem bei Marvel - eigentlich jeder, der schon einmal tot, war, wiederauferstanden, und alle, die leben, waren schon einmal tot. (Dennoch ist das nicht, was man als Marvel Zombies versteht.)
Erwähnte ich schon, dass man mir am Freitag einen Weisheitszahn gezogen hat?
Es ist auch nicht der Tod, der mich verbittert. Es ist die absolute Amoral des Marktes.
Vor ein paar Jahren waren alle heiss auf aufgemotzte Titelbilder, und es gab einen Haufen abgrundtief hässlicher Cover mit Metallfolienaufdruck oder minderwertigen Pseudohologrammen - weil der Markt es hergab. Das serielle Abschlachten von Kostümträgern scheint der neue Werbegag zu sein. Aber, hallo? Die Metallfolien sind längst abgeblättert, die Hologramme verstauben in den Billigboxen der Comicläden.
Und genauso billig ist inzwischen der Tod bei Marvel.



Trug' mich eigentlich mit dem Gedanken, diesen Dienstag wieder einmal beim Shamrock Pub Quiz mitzumachen. Ein kurzer Check auf die Webseite dieses feinen Etablissements zeigte mir jedoch, was oder wer das Thema der legendären Sonderrunde sein wird: Der 14. Dalai Lama, der ozeangleiche Lehrer, Tenzin Gyatso, Träger des Friedensnobelpreises 1989.
Und bei so einem Thema soll ich gegen das Team von tibetica.de antreten? Vergisses.
Lieber gehe ich meine physischen und psychischen Wunden spülen.
Sie wissen schon, mein Weisheitszahn... und Captain America...
Achja, und so ein alter Schreiberling hat auch bald Jubiläum...
Man mag gar nicht glauben, was für eine starke Magie die Synchronizität aufbringen kann...

Unhappy Endings... again

Fortsetzung von Nemed House :: Unhappy Endings

Kann man eine Pointe retten, indem man sie verdoppelt oder verdreifacht? Oder verlangt ein solcher Stoff nicht nach neuen, viel grausameren Lösungen? Keine Ahnung, aber um das Thema einfach einmal abzuschließen und sich produktiveren Sachen zuzuwenden, hier eine der drei Haimeergeschichten, unkommentiert und unkorrigiert. Nicht vergessen: Der narrative Imperativ in Werken des Grauens oder der phantastischen Apokalyptik, wie es die Geschichten von der Sterbenden Erde sind, ist von fast buddhistisch anmutender Konsequenz: Alles ist Leid, und alle sterben.


DIE STADT
Eine Arullu-Geschichte [1985]

Hast Du. Wanderer, vom Schicksale Utors gehört, des Himeliers?
Er wanderte durch die Wüsteneien Musgraws, wo die heißen Winde tanzen, doch er wußte nichts von Birdum, der Stadt der Mumien, inmitten der blutroten Wüste von Zagamalana. Er wußte nichts von der Stadt.
Es war in den kochenden Stunden der Dämmerung, da sein erschöpftes Fiberntier ihn zu jener hohen, sichelförmigen Düne brachte, von der herab er zum ersten Male die verwehten, dunklen Ruinen DER STADT sehen konnte, und er runzelte die Stirne ob ihrer Proportionen.
Doch er war froh, nach jener langen, beschwerlichen Reise wieder der Zivilisation zu begegnen und wußte doch nichts von dieser. So ritt er die Düne herab, in die verwehten Schutthaufen und die abscheulich gewundenen und verbogenen 'Wände aus dunklem Gagate.
Der, dem er begegnete, war Takatlok, der Graue Sammler.
Auf einem Haufen gebleichter Knochen kauerte er, und seine wässrigen, alten Augen studierten gelbe Streifen, beschrieben mit spinnenhaften Glyphen. Seine gichtigen Hände strichen verlangend über sie.
Dann hob er das verfressene Gesicht, und Utor der Himelier bemerkte mit Abscheu, daß Würmer durch das linke Auge krochen, das so starr ihn anblickte. Dennoch (denn er war ein Himelier) grüßte er.
Der Graue Sammler erwiderte stumm den Gruß, und dann sprach er, mit dem grausigen Rascheln des Windes in Mumienbinden.
„Kehr um, Mensch. Dies ist DIE STADT.“ Utor stieg von seinem Fiberntier ab. „So?“ Er band seine Kreatur an einer geborstenen Säule an. „Birdum. Die Verfluchte. DIE STADT.“ Der Graue Sammler keuchte“ und in dem Keuchen lag irgendwie das arge dumpfe Brüten eines Pestwinds. „Ein interessantes Plätzchen“, höhnte Utor der Himelier.
„Ein verfluchter Platz. Es ist besser für Dich zu gehen.“
Utor lachte rauh auf und zog die gezackte Klinge aus seiner Schärpe. „So? Du verheimlichst mir wohl gewiße Schätze hier, was?“
„Seit Äonen gibt es keine Schätze mehr. Grabräuber kamen, wenn die Sonne im Zenit stand, denn des Abends wagten selbst sie es nicht.“ „Geschwätz:“, schrie Utor (denn er war ein Himelier), und schlug dem Grauen Sammler mit einem Hieb den Kopf ab. Dunkles Blut sickerte aus dem ausgetrockneten Körper. Spöttisch lachend hob Utor den Kopf an und legte ihn auf ein Piedestal. Dann verneigte er sich.
„Vielleicht gefällt Dir altem Griesgram ein solcher Sockel?“
Doch in jenem Momente ergab es sich, daß die Sonne endgültig versunken war, und das scheußliche, dunkelrote Dämmer der Wüste Zagamalana kroch heran und hüllte DIE STADT ein. Und Utor drehte sich verwundert um und sah die rote Wüste in roten Flammen stehen. Und da er auf die rote Wüste starrte, da sprach hinter ihm eine Stimme.
„Ich warnte Dich, Du Narr. Nun sollst auch Du verflucht sein.“
Der Himelier wandte sich erschrocken um, und sah die fast fleischlosen Kiefer des eingesunkenen Schädels des Grauen Sammlers zucken. „Xowóstorons Höllen“, hauchte er erschrocken. Seiner klammen Hand entfiel die gezackte blutige Klinge in den düsteren Sand.
„Ich habe Dich gewarnt“, raunte der Schädel. „Dies ist DIE STADT. Seit Äonen gibt es für uns nur je einen Tag, wo wir auf Erden wandeln können. Doch die Nacht gehört uns.“ Utor schrie, als sich aus der Erde vor seinen Füßen zerfressene Hände wühlten und ein gespaltener Schädel folgte. „Heute jedoch soll unsere Stadt um einen Bürger erhöht werden!“, sprach der Schädel, und Utor sank zu Boden, besinnungslos.
So erfasste er nicht mehr, wie sich die Legionen der Mumien aus dem Sand von Birdum wühlten und raschelnd, wispernd, zuckend auf ihn zu-schritten, von der Pest zerfressen. Und so erfaßte er auch nicht mehr, wie sich eine Mumie bückte und dann eine gezackte, blutige Klinge in sein Herz stieß. Denn nun wanderte auch er des Nachts durch DIE STADT.
Zittere, Wanderer, ob seines Schicksals - und meide - die rote Wüste.

Mit diesen aufmunternden Worten kehren wir zum regulären Programm zurück...

Mittwoch, Februar 28, 2007

Huixtocihuatl? Häh?

Ich bezweifle es zwar, dass ich das vor 20 Jahren gewusst hatte, aber anscheinend ist es doch einfacher, die Haimeergeschichten aufzuwerten. Ich hatte mich ja schon über die lustlose Art und Weise erregt, in der mein jüngeres Ich das Mexiko in einer Million Jahren zum pseudo-aztekischen Mexé umgeschrieben hatte. Immerhin, irgendwas hat’s doch. Ich träume momentan von HighTech-Hieroglyphen und kirbyesken Aztekenrittern – Göttern von den Sternen – auch hier liegen noch große Landschaften bereit, entdeckt zu werden. Wie auch immer. Jener „Der Schatz des Tezcatl“ den Titel gebende untote Hexer ist ja offensichtlich von Tezcatlipoca abgeleitet, „Rauchender Spiegel“, dem Obsidiangott der Nacht, des Nordens, der Erde, des Streites, der Herrschaft, der Wahrsagekunst, Versuchung, Hexerei, Schönheit, Krieg und Streit. (Niemand kann sagen, dass die blutigen Azteken es sich einfach gemacht haben mit ihrer Religion! In Europa hätte man einer so saturnischen Gottheit jedenfalls nicht ‚Schönheit’ zugeordnet.)

Der unheimliche Tezcatl residiert unter den Wellen des Haimeers. Tezcatlipoca hingegen ist nach manchen Quellen mit einer Dame namens Huixtocihuatl, der älteren Schwester des Regengottes Tlaloc, verheiratet. Einer Göttin des Salzes und des Salzwassers. (Dass sie auch die Schutzpatronin der Salzgilden und „loser“ Weiber war, scheint die Sache sogar noch… pikanter zu machen.) Mixen wir dazu noch die Geschichten der griechischen Meeresgötter, von Triton und seinen Geschwistern, und es ergeben sich ungeahnte Möglichkeiten.

Als Schwester des Regengottes steht Huixtocihuatl nicht unbedingt ausschließlich für die See, sondern scheint mehr mit Flüssigkeiten allgemein zusammenzuhängen – dem Salz der Tränen, vielleicht auch der amniotischen Urflüssigkeit. Sie trug goldene Glöckchen und Schellen an den Knöcheln. Und ihr Schild war bemalt mit mit Wasserlilienblättern und Blumen, geschmückt mit Anhängern aus gelben Papageienfedern, Adlerfedern und den schimmernden Federn des Quetzal. Der Schildrand war besetzt mit gelben Papageienfedern. Wenn sie tanzte, schwang sie den Schild um sich in einem Kreis – offensichtlich ein Sonnensymbol oder vergleichbares.

Der Monat der Sommersonnenwende, vom 13. Juni bis 2. Juli, war ihr gewidmet, der Herrin des Salzes, und Xochipilli, dem Herren der Pflanzen und des Tanzes. Es waren die Feiertage zu Ehren des wiederkehrenden Wassers und des Wachstums des Getreides, auch bekannt als Tecuilhuitontli (Das Kleine Fest der Fürsten), benannt weil es die Aufgabe der Fürsten war, die Feierlichkeiten auszurichten und sich sehen zu lassen. Ein Sonnenwendfest, und wie bei allen Veranstaltungen dieser Art, eine glorreiche Mixtur aus Schönheit und Schrecken. (Wie alle Feiertage der Azteken gefiel sich auch das Kleine Fest der Fürsten in Blumen und Blut.)

Während dieses Monats wurde die Stadt mit Wasserpflanzen geschmückt, und eine besonders auserwählte Frau wurde Huixtocihuatl geopfert. Die Salzmacher tanzten zu Ehren ihrer Schutzpatronin zehn Tage lang in Paaren, die Partner durch ein Seil verbunden, das jeder an einem Ende festhielt, während sie für ihre Herrin sangen. Auch dem Patron der Blumen und des Tanzes wurde gedacht. Dies war das Kleine Fest der Fürsten, die mit Blumen geschmückt mit dem gewöhnlichen Volk auf den Strassen tanzten und Geschenke verteilten. Und blutige Opfer wurden den Korngeistern dargebracht, und die Menschen tranken Agavenbier und –schnaps in Unmengen. Nicht unähnlich dem Kölner Karneval, nach allem was man hört.

Dienstag, Februar 27, 2007

Unhappy Endings

Der narrative Imperativ – der Impuls, dem sich die erzählte Wirklichkeit unterzuordnen hat – in Werken des Grauens oder der phantastischen Apokalyptik, wie es die Geschichten von der Sterbenden Erde sind, ist von fast buddhistisch anmutender Konsequenz: Alles ist Leid, und alle sterben.

Das mag den pubertierenden Autoren erheitern, der lieber Horrorstories schreibt als seine Altersgenossen, die mit gleicher Anmut depressive Blankverslyrik über Liebesleid und das abgefuckte Essen in der Schulcafeteria verfassen. Der reife (also postpubertäre) Schreiber fühlt sich spätestens nach dem dritten Text, in dem die Hauptfigur im letzten Absatz ermeuchelt oder von einem plötzlich hervorspringenden cthulhoiden Monstrum verschlungen wird, ein wenig gelangweilt. Umso schlimmer, wenn es die eigenen Erzählungen sind, die man vor 20 Jahren sorgsam in einer Schuhschachtel versteckt hat.

So geht es mir momentan. Als ich vor einiger Zeit mal wieder mein Material sortierte, fiel mir auf, dass ich einige Erzählungen in den letzten Jahren nicht neu bearbeitet hatte, obwohl sie sich eigentlich anbieten würden. Drei Geschichten liegen jetzt vor mir, die ich im Auge habe. Anscheinend beziehen sie sich sogar aufeinander, was allerdings kein Wunder ist, da ich sie innerhalb einer Woche heruntergetippt hatte. Schauen wir sie uns einmal näher an (ich sage ‚wir“, aber natürlich ordne ich hier nur meine eigenen Gedanken vor Publikum, aber wenn Sie die Reise mitmachen wollen, sind Sie herzlich eingeladen.)

Zwei der Geschichten, „Der Taucher“ und „Der Schatz des Tezcatl“ spielen an und in einem Gewässer, das den Namen Haimeer trägt und an den Küsten eines eigenartig retroaktiven Mexikos liegt, mit Namen Mexé. Retroaktiv nenne ich es einfach, im Endeffekt scheint es sich um eine etwas laue Kopie aztekischer Namen und Phrasen zu handeln. „Der Taucher“ endet damit, dass der Titelheld eben nicht mehr auftaucht, „Schatz des Tezcatl“ eigentlich genauso, auch wenn es um einen Schatz (siehe Titel) und einige piratenartige Schatzsucher geht. Immerhin, netter Bezug aufeinander. Vielleicht taucht der „Taucher“ in der anderen Geschichte sogar wieder auf, um einmal ein Wortspiel zu quälen. In „Schatz“ (klingt fast gollumesk, diese verkürzte Art der Zitation, nicht wahr?) wird zudem noch auf die Ruinenstadt Birdum hingewiesen, von Mumien bewohnt, die in „Die Stadt“ (ich weiß, die Titel sind nicht die großen Knaller, aber wenigstens zutreffend) von einem Schatzsucher besucht wird, der – man ahnt es schon – im letzten Absatz dahingemeuchelt wird. Oder von einem cthulhoiden Monstrum verschlungen, ich weiß es nicht mehr. Gut, ich lüge. In einer von Mumien bewohnten Stadt erwartet man natürlich, dass es die Mumien sind, die meucheln. Hätte ich das bloß nicht schon weiter oben verraten.

Der narrative Imperativ herrscht also unumschränkt über die Ruinen dieser drei Geschichten. Alles ist Leid, und alle sterben, wenn sie nicht sowieso schon tot waren.

Was, wenn man jetzt diese drei Geschichten zu einer einzigen vereint?

Wird es besser? oder schlimmer? Kann man eine Pointe retten, indem man sie verdoppelt oder verdreifacht? Oder verlangt ein solcher Stoff nicht nach neuen, viel grausameren Lösungen?

Gibt es ein Happyend für Mumien?

Montag, Februar 26, 2007

Arullu :: Die Serie


Stand: 2007-03-01
Fern, fern von hier, durch namenlose Abgründe von Raum und Zeit von uns getrennt, an einem Punkt, den man das Ende der Zeit nennt, wenn der Strom der Zukunft versiegt und spärlich wird, werden alle Inseln dieser Erde vom zurückweichenden Meer und der Rotation ihrer Achse zu einer einzigen zusammengepresst werden, und ein Mann wird kommen, der sein Banner über allen Ländern dieses letzten Kontinentes errichten wird.
Arull wird man ihn nennen, den Eroberer, und er wird hundert Jahre regieren, bevor ein roter Komet aus dem Himmel fallen wird und ihn und seine Hauptstadt zerschmettert. Und dies sind die Länder, die Arull eroberte; ein letzter Kontinent unter einer schwachen, rötlich glosenden Sonne, der langsam aber sicher von Eis verkrustet wird und alle Spuren des Lebens verliert; ein Hort der Melancholie, eine Heimat der Sorgen und des Selbstmordes, benannt nach ihrem Eroberer ARULLU...



Alle Geschichten
Juvenalia
.A1. Der Stein [1984]
.A2. Der Pilz [1984]
.A3. Wenn die Götter rasen [1984]
.A4. Die Gärten von Maaal [1985]
.A5. Der Taucher [1985]
.A6. Der Schatz des Tezcatl [1985]
.A7. In der verlassenen Stadt [1985]
.A8. Die Stadt [1985]
.A9. Der Bestienstein [1985]
A10. Auf der Suche nach der verlorenen Seele [1985]
A11. Arne Scaevola [1987]
A12. Das Haus zur Roten Tür [1988]
A13. Von Wölfen gejagt [1988]
A14. Totenheer [1988]
A15. Totenherbst [1988]
A16. Liebe unter Verdammten [1988]
A17. Tlatoc Hen [1989]
A18. Der Schwarze Wagen [1989]

Adult
A19. Der Stein vom Aldebaran [1990] (NF 1)
A20. Die Sümpfe von Manou [1990] (NF 2)
A21. Xowóstoron [1990]
A22. Planet der Verdammten [1990]
A23. Das Reich der Toten [1992] (NF aus einer anderen Serie)
A24. Die Pilze von Abaddon [2001] (NF aus einer anderen Serie)
A25. Die Sümpfe von Manou [2007] (NF 20)

Unvollendet
--. Jephthas Sonne
--. Die Hexe von Kalfor
--. "Mazulibaliphos" (Arbeitstitel)
--. "Los Angeles Novelle" (Arbeitstitel)
--. Schwerter von Katmandu (NF 17)
--. Götter der Hohlwelt (NF aus einer anderen Serie)
--. Xowóstoron (NF 21)
--. Die Schätze des Tezcatl (NF 5,6,8)

Weiteres thematisch verbundenes Material vorhanden.

Zwei globale Landkarten finden sich >>> HIER

Sonntag, Februar 25, 2007

Zurück zum Notizbuch

In der letzten Woche habe ich einige Korrekturen & Verbesserungen hinter mich gebracht. Das übliche... Webseiten mussten verbessert werden, Grafiken gescannt, Texte korrigiert... Dafür habe ich mir den heutigen Tag mal gegönnt, meinen Schreibtisch ein wenig aufzuräumen und eine Partie Risiko zu spielen... nicht dass das eine Herausforderung ist... ich schummle da sowieso... Meiner Frau sitzt die Grippe in den Knochen, und es ist ungewohnt still hier...
Jedenfalls fiel mir ein gelber Zettel in die Finger, auf dem ich die letzte Zeit alles wissenswerte notiert habe. Schrecklich, so eine Angewohnheit. Am liebsten hätte ich ihn weggeschmissen. Aber drauf war auch die Tabelle mit den Namen, die ich durch Cut-up-Technik aus der Liste der Namen von Clark Ashton Smiths Zothique-Serie entwickelt hatte, und die ich dummerweise nur einmal ausgedruckt hatte, bevor ich die Datei löschte. Und die Namen darauf, jedenfalls diejenigen, die einigermaßen klingen, streue ich immer mal wieder in die Arullu-Geschichten ein. So eine Art ironische Homage an den alten Smith... und natürlich klingen "Geschichten vom Ende der Zeit" passender, wenn sie von exotischen Namen wimmeln. Ich hatte es mir bei den ersten Geschichten wirklich zu einfach gemacht. Es gibt einfach zu viele realexistierende geographische Bezüge, die nach einer Million Jahren wahrscheinlich längst vergessen sein sollten. Manche von denen ärgern mich inzwischen. Deswegen versuche ich sie unter einer Flut neuer, bizarrer Namen zu verstecken. Aber brauche ich dafür beknackte Zettel und noch beknacktere Quellendatein?
Also her mit dem alten Notizbuch für kreative Einfälle. Die Tabelle habe ich ausgeschnitten und reingeklebt. Ganz attraktiv, der gelbe Zettel inmitten meines unleserlichen Gekritzels. Es geht voran.

Gestern Nacht habe ich, während ich ein paar Folgen "Batman" ansah, versucht, einen Webbanner für die Arullu-Serie zu basteln, aber nichts, was mich befriedigt hätte, ist dabei herausgekommen. Vielleicht demnächst...

Donnerstag, Februar 15, 2007

Arullu :: Zwischenbericht

Erste deutliche Fortschritte in der Komplettbearbeitung der Arullu-Serie! Yay! Zwar bin ich immer noch nicht mit dem Magnum Opus "Xowostoron" fertiggeworden - besonders wichtig, weil es der chronologisch erste Abschnitt der Serie ist - habe ich en passant, also so nebenbei, schon mal eine andere Geschichte komplett umgeschrieben & stylistisch überarbeitet. Natürlich hat es immer noch Spuren des dekadenten düsteren Legendentones, der die Arullu-Geschichten prägt, aber man glaubt gar nicht, was man nach all den Jahren noch findet und verbessern kann. zur Feier des Tages einige der ersten Sätze:


DIE SÜMPFE VON MANOU
Neufassung

Eine dunkle Gestalt hockt in den Dünsten, klein und vornüber gebeugt auf einen goldenen Stab mit schwarzer Spitze gestützt, die wie die Überreste einer exotischen Blume geformt ist. Durch die Verkrümmung seiner Gestalt ist nicht völlig klar, ob es sich bei ihr um einen Menschen oder etwas anderes handelt. Sie ist in fadenscheinige Fetzen gehüllt, die ihr seltsames Gesicht verbergen, und eine rauhe, murmelnde Stimme dringt zischelnd aus dem Schatten...

Jenseits der bekannten Orte, im Reich Sinu mit seinen Idolen aus unerklärlichem gelbem Gestein, jenseits aller Berge und Auen, Flüsse und Seen, jenseits aller menschlichen Behausungen, in den stets von giftigen Nebeln verhangenen Schattenlanden jenseits des Flusses Manou, wuchert am Rande eines schwarzen Sumpfes ein seltsamer Pilz von eigentümlicher Farbe und Form. Nur hier kann man ihn finden, fern der sauberen Schlingen des langsam dahin fließenden Stromes, in schlammigen Seitenströmen und den hundert braunen Sumpflöchern, die von dunkler, weich zerfließender Erde umgeben sind.

Die Sümpfe sind alt, von Fäulnis durchtränkt, ein Hort von Seuchen. Niemals hat der Fluss diese Sümpfe gereinigt, und so stinken sie vom Unrat ungezählter Jahrhunderte.

Montag, Februar 05, 2007

Arullu :: Design

Es läuft nicht immer so, wie es sein soll. Momentan komme ich mit dem Schreiben nicht weiter; es geht zu schleppend, selbst wenn ich genau weiß, wie die Handlung ausgelegt ist. Sobald man mehr Zeit mit Worten verschwendet als mit ganzen Sätzen, sollte man etwas anderes machen.
Ich habe also gestern ein wenig daran gebastelt, das Arullu-Logo, ich seit 1982 (?) verwende, ein wenig aufzufrischen und Titelbilder für die Taschenbücher zu entwerfen, die ich dieses Jahr hoffentlich noch herausbringen werde.
(Wie man unten sieht, habe ich mein erstes Logo mit der Hand (ab?)gezeichnet. Anscheinend ohne Lineal. das geht nun gar nicht. Und früher haben Leute gutes Geld dafür bezahlt, wenn ich ihnen Logos entworfen habe. Den gleichen Service kann ich schliesslich auch mal mir selbst angedeihen lassen, oder?)



1. Zuerst habe ich die grösste Version des handgezeichneten Logos eingescannt und vektorisiert.
2. Alle Linien und Punkte wurden mit Hilfe eines Punktgitters ausgerichtet und wenn nötig, nachkorrigiert, um z.B. Parallelen zu erlangen. (Ehrlich gesagt, war es natürlich ziemlich nötig. Das einzige, was übrig geblieben ist, sind die Proportionen und der Stil. Den Pseudo-3-D-Effekt des Original-Logos habe ich erstmal verworfen, für später.)
3. Die handentworfene Schrift wurde ein wenig geglättet. Dies bedeutet vor allem, dass das "R" durch ein neues ersetzt wurde, das sich aus dem "A" ableitet. Es ergibt sich dadurch eine nette Pseudo-Symmetrie.
4. Jetzt mit Hilfe eines Extrusions-Befehles den ursprünglichen 3-D-Effekt wiederhergestellt. Nur diesmal mittig, d.h. auf einen anderen, zentraleren Fluchtpunkt aus. Vorher habe ich noch den Schriftabstand etwas schlanker gemacht.
5. Fertig. Mir gefällt's.